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29.07.2015

Bundestag verabschiedet Präventionsgesetz – Investitionen steigen um mehr als 120 Prozent

Nach mehr als zehn Jahren und mehreren Anläufen hat der Deutsche Bundestag am 18. Juni 2015 das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention" (PrävG) beschlossen.

Ziel des Gesetzes ist Gesundheitsförderung und Prävention für jedes Lebensalter und in allen Lebensbereichen. Es wird voraussichtlich Anfang 2016 in Kraft treten. Aus Sicht des Deutschen Verbandes für Physiotherapie ist das Gesetz ein wichtiger Schritt, um Volkskrankheiten vorzubeugen. Es kann Menschen in Bewegung bringen und Physiotherapeuten können ihr Expertenwissen mit eigenen Bewegungs- und Beratungsangeboten einbringen.

Deutlich mehr Geld für Prävention und Gesundheitsförderung

Bislang geben die Krankenkassen etwa drei Euro pro Versicherten für Prävention und Gesundheitsförderung im Jahr aus. Diese Leistungen werden ab dem Jahr 2016 auf sieben Euro steigen und sich damit mehr als verdoppeln.

Kranken- und Pflegekassen werden dann mindestens 511 Millionen Euro für gesundheitsfördernde Maßnahmen ausgeben. Etwa 140 Millionen Euro fließen in Präventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in Kindergärten, Schulen oder ähnlichen Einrichtungen. Ebenfalls 140 Millionen sind für betriebliche Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz vorgesehen. Neben diesen Hauptbereichen werden die Krankenkassen weitere 200 Millionen Euro in eigene Maßnahmen investieren.

"Wir begrüßen die Steigerung der Ausgaben für gesundheitsfördernde Maßnahmen ausdrücklich und rechnen fest damit, dass auch Physiotherapeuten davon profitieren werden", erklärt Michael N. Preibsch, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie.

Physiotherapeuten sind Experten für Bewegung und Prävention

Das Gesetz greift speziell Maßnahmen zur Primär- und Sekundärprävention auf – also den Erhalt von Gesundheit und die Früherkennung von Krankheiten bei bestehenden Risikofaktoren. Schnittstellen zur Tertiärprävention – also dem Verhindern des Fortschreitens oder der Verschlechterung einer bereits bestehenden Erkrankung – ergeben sich durch den alltagsnahen Ansatz gesundheitsfördernder Maßnahmen in der Schule, dem Arbeitsplatz oder in der Freizeit.

Physiotherapeuten können in allen drei Präventionsbereichen aktiv sein und ihr Fachwissen einsetzen. Denn: Gerade Physiotherapeuten können Menschen in ihren Lebenswelten gezielt beraten und individuell betreuen – besonders, wenn es um die Vorbeugung und Früherkennung von Erkrankungen im Bereich des Bewegungsapparates geht.

Präsenz zeigen und mit Qualität überzeugen

Im § 20 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sind die Ziele und Zielgruppen für präventive Maßnahmen beschrieben. Besonders Absatz 1 des Gesetzes ist für Physiotherapeuten relevant. In diesem Absatz geht es um den individuellen Ansatz für gesundheitsfördernde Maßnahmen. Physiotherapeuten können Angebote in ihren Praxen und in den Lebenswelten der Menschen anbieten. Der Deutsche Verband für Physiotherapie bietet beispielsweise mit den Programmen ErgoPhysConsult und Sturzprävention Bausteine für erweiterte Betätigungsfelder für Physiotherapeuten an.

Wir Physiotherapeuten wissen, welche Beschwerden, Erkrankungen und mangelnde Teilhabe am Arbeits- und Privatleben durch Bewegungsmangel, Fehlhaltungen und unzureichend trainierte Muskulatur entstehen. Aufgrund unseres Expertenwissens sind wir qualifizierte Ansprechpartner für alle Interessierten und für die Krankenkassen.

Die Zeit ist reif! "Wir fordern alle interessierten Kolleginnen und Kollegen auf: Falls Sie es noch nicht sind, werden Sie aktiv! Prävention und Gesundheitsförderung sind abwechslungsreiche und interessante Betätigungsfelder für uns Physiotherapeuten. Sprechen Sie uns an oder wenden Sie sich gerne an unsere Arbeitsgemeinschaft Prävention, wenn Sie Interesse an diesem Bereich haben", so Michael N. Preibsch.

Präventionsleistungen nicht umsatzsteuerfrei

Obwohl politischer Wille vorhanden ist, die Prävention stärker fördern, unterliegen Präventionsangebote nach Auffassung der Finanzverwaltungen grundsätzlich immer noch dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Um die Inanspruchnahme von Präventionsleistungen zu fördern, wäre jedoch genau das Gegenteil erforderlich: Aus Sicht des Deutschen Verbandes für Physiotherapie müsste der Gesetzgeber die Abgabe von Präventionsleistungen - genauso wie Therapieleistungen - von der Umsatzsteuerpflicht befreien. Denn: Die Leidtragenden sind in erster Linie die "Kunden" von Präventionsangeboten, also die Bevölkerung (z.B. im Rahmen der Präventionsangebote im Rahmen des § 20 SGB V) und die Krankenkassen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, für die die Präventionsangebote damit unnötig teuer werden und den Zugang zur Prävention somit unnötig erschweren. Leider hat es der Gesetzgeber im Rahmen der Beratungen zum Präventionsgesetz versäumt, hier entsprechend nachzubessern. Das letzte Wort hierüber ist aber noch nicht gesprochen.