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03.02.2005

Kabinett billigt Präventionsgesetz

Die Ziele sind hehr, allein die Umsetzung ist schwach und löst eine breite Front der Kritik aus / Wirksamskeitnachweis auch für physiotherapeutsiche Präventionsangebote notwendig.

\"Mit dem Präventionsgesetz wollen wir eine breite gesellschaftliche Initiative zur Gesundheitsvorsorge starten“, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in Berlin. Im Rahmen der neuen Regelung sollen die Sozialversicherungsträger insgesamt 250 Millionen Euro zu Verfügung stellen. So hat es das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen.

Nach Schmidts Plänen sollten Vorsorgemaßnahmen aus Kursen für Bewegung und gesunde Ernährung, Rückenschulen und Raucherentwöhnung bestehen. Angebote gebe es auch in Kindergärten und Schulen, Senioreneinrichtungen, Firmen und im kommunalen Bereich. Vorsorge solle das Entstehen chronischer Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf- und Rückenerkrankungen bremsen. Allein für die Behandlung von Rückenerkrankungen müssten die Kassen jedes Jahr 3,5 Milliarden Euro ausgeben. Die Kosten durch Arbeitsausfall seien da noch nicht mitgerechnet. Durch Vorsorge könnten die Ausgaben möglicherweise um 350 Millionen Euro gesenkt werden, so die Bundesgesundheitsministerin. Es komme darauf an, dass sich die Sozialversicherungsträger auf gemeinsame Ziele einigen“, sagte Schmidt. Dabei sollte u.a. für bessere Bewegung gesorgt und ein besonderes Augenmerk auf sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen gerichtet werden.

Das Ziel, in einer immer älter werdenden Gesellschaft der Vorbeugung chronischer Krankheiten gegenüber ihrer Behandlung und der Rehabilitation eine gewichte Rolle einzuräumen, ist unbestritten. Gestritten wird allerdings nach wie vor über die Verteilung von Aufgaben und Finanzierung.

Die Sozialversicherungen sollen nach Schmidts Plänen jährlich mindestens 250 Millionen Euro aufwenden. Die Arbeitslosenversicherung hatte erst kürzlich eine Zusage von 20 Millionen Euro zurückgezogen. 100 Millionen Euro des Gesamtbetrages sollen für individuelle Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten verwendet werden. Weitere 100 Millionen Euro werden als gemeinsame Aufgabe der Sozialversicherungsträger in den Ländern organisiert. Diese Leistungen richten sich an Menschen in ihrer sozialen Umwelt wie Schule, Kindergarten, Betrieb, Sportverein, oder Seniorenheim. Die restlichen 50 Millionen Euro sollen in eine Stiftung zur Prävention fließen für Projekte und Kampagnen. Die Bundesregierung soll alle vier Jahre mit einen Bericht Rechenschaft darüber ablegen, ob die geplanten Präventionsziele erreicht wurden.

Widersinnig erscheint, dass die alleinige Finanzierung des Vorbeugeprogramms den ohnehin defizitären Sozialkassen aufgebürdet wird sowie dass die gesetzlich Versicherten dafür aufkommen sollen, wovon auch diejenigen profitieren, die es sich leisten können, privatversichert zu sein. Wen wundert’s, dass die Spitzenverbände von Kranken- und Pflegekassen in einer gemeinsamen Erklärung das mangelnde finanzielle Engagement des Bundes kritisierten. Wenn Prävention, wie im Gesetz betont, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, dann müssten sich auch Bund und Länder sowohl finanziell als auch am Wahrnehmen dieser Aufgabe mit klar definierten Beiträgen angemessen beteiligen, monierte schon vor der Kabinettsentscheidung die Internationale Gesellschaft für Prävention (IGP). Die Worte Schmidts, im laufenden Gesetzgebungsverfahren solle über eine Beteiligung der BA beraten werden und dass sie mit der privaten Versicherungswirtschaft im Gespräche stehe, wird kaum die Gemüter besänftigen können. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger wenden sich zudem gegen die im aktuellen Entwurf gestärkte Position der Länder. Das trage dazu bei, dass einheitliche Präventionsziele durch regionale Abweichungen verwässert würden. Kritik kam auch von Seiten des Verbandes der niedergelassenen Ärzte. Die Rolle der Mediziner sei in dem Entwurf unterbewertet, denn „sie kommen in dem Gesetz so gut wie nicht vor.“ Unionsexperten sprechen von einem „Flickenteppich aus unkoordinierten Einzelmaßnahmen“ sowie die falsche Verteilung von Aufgaben und Finanzierung. Zudem drohe der Aufbau einer Präventionsbürokratie. Die IGP bemängelte, dass das Gesetz zu stark an der Primärprävention ausgerichtet sei und die Tertiärprävention wie die Rehabilitation kaum beachte.

Wirksamskeitnachweis auch für physiotherapeutsiche Präventionsangebote notwendig

Für Physiotherapeuten ist insbesondere auch § 20 „Wirksamkeit und Qualitätssicherung“ von Bedeutung. Darin steht., dass Leistungen zur Verhaltensprävention nach § 15 grundsätzlich nur erbracht oder gewährt werden dürfen, wenn deren Wirksamkeit wissenschaftlich hinreichend nachgewiesen ist. Ist sie nicht ausreichend nachgewiesen, kann zwischen dem Leistungsträger und dem Erbringer der Leistung vertraglich festgelegt werden, dass die Wirksamkeit innerhalb einer angemessenen Frist begleitend nachzuweisen ist.

In diesem Bereich besteht dementsprechend dringender Handlungsbedarf , damit die Präventionsangebote der Physiotherapeuten, die auch vom ZVK entwickelt wurden, zukünftig noch von den Kassen akzeptiert werden.

Der Vorstand des ZVK wird sich auf einer der nächsten Vorstandssitzungen mit diesem Thema befassen und sodann auf die Landesverbände mit einem Verfahrensvorschlag zukommen.

Das Präventionsgesetz soll noch im Februar in den Bundestag eingebracht werden.

Sie können den Text unter www.bvgesundheit.de einsehen und herunterladen.