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26.10.2015

Neues aus dem BStR: Laute politische Botschaften in ruhiger Kloster-Atmosphäre

Bericht von der Zukunftswerkstatt des Landesverbands Baden-Württemberg von PHYSIO-DEUTSCHLAND.

Vom 16. bis 18. Oktober 2015 fand in der malerischen Kulisse des Klosters Irsee bei Kaufbeuren im Allgäu die dritte Zukunftswerkstatt des Landesverbands Baden-Württemberg statt. Rund 60 Physiotherapeut*innen aller Couleur trafen sich, um über das Thema „Zukunft der Physiotherapie: Akademisierung zu Ende gedacht“ zu diskutieren, neue Kontakte zu knüpfen und abends die ein oder andere schöne Stunde zu verbringen. Mit dabei waren auch Susanne Klotz, Sprecherin des BundesStudierendenRats (BStR) sowie zahlreiche Junioren aus dem Landesverband.

Nach Begrüßung durch den Vorsitzenden des Landesverbands Michael Preibsch startete die Zukunftswerkstatt mit einem Vortrag von Biggi Bender, ehemalige Abgeordnete im Bundestag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Politikerin zeigte in ihrem unterhaltsamen Beitrag gute Strategien auf, wie berufspolitische Botschaften gestreut werden sollten. Anschließend klang der Abend bei einem Bier aus der eigenen Klosterbrauerei und netten Gesprächen aus.

Frisch gestärkt begann der Samstag mit einem spannenden Vortragsblock. Zunächst sprach Erwin Scherfer, Leiter innovative Versorgungskonzepte, Forschung und Evaluation bei ORGAMed Dortmund, über das deutsche Bildungs-Schisma von Baethge, welches die stringente Aufteilung der Bildungslandschaft in Ausbildung und Studium beschreibt. Die daraus resultierenden festgefahrenen Denkstrukturen beeinflussen auch die aktuelle Akademisierungsdiskussion in der Physiotherapie. Es folgte ein Vortrag von Gesche Ketels, Leiterin der Physiotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, die Ergebnisse einer deutschlandweiten Befragung von über 3.500 Physio- und Ergotherapeut*innen aus dem Jahr 2008 präsentierte. Schwerpunktmäßig ging sie dabei auf die Aussagen zur Zukunft der Therapieberufe ein. So sprach sich die Mehrheit der Befragten für eine Akademisierung der Physiotherapeuten und den Direktzugang aus.

Als Nächste referierte Susanne Klotz, frischgebackene Masterabsolventin und Sprecherin des BStR, über die Akademisierung in anderen Ländern. Hauptaugenmerk lag dabei auf der Schweiz, die seit 2006 die Vollakademisierung eingeführt hat. Obwohl eine direkte Übertragung des schweizerischen Prozesses auf Deutschland aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen schwierig ist, können die Erfahrungen der Schweizer dennoch gute Impulse für den deutschen Prozess liefern. Auch der Vortrag von Simone Wieland, Physiotherapeutin und Master in Gesundheits- und Pflegewissenschaften, gab Denkanstöße für die aktuelle Diskussion. Sie stellte die Ergebnisse einer Befragung von angehenden und bereits ausgebildeten Physiotherapeut*innen zum Thema Physiotherapie-Assistent*in vor. Obwohl sich die Mehrheit der Befragten durchaus die Einführung eines Assistenzberufes vorstellen kann, herrscht noch Uneinigkeit zum Thema Ausbildung und Zuständigkeit der Assistenten.

Sven Karstens stellte in seinem Beitrag das Konzept der evidenzbasierten Physiotherapie vor und zeigte Möglichkeiten, wie der Transfer von wissenschaftlichen Ergebnissen in die Praxis gelingen kann. Unter anderem kann dabei die Bereitstellung von Studienergebnissen in leicht verständlichen Zusammenfassungen behilflich sein. Das letzte Referat gestaltete Mieke Wasner, Studiendekanin der SRH Hochschule Heidelberg zusammen mit ihren beiden Studierenden Julia Goepfert und Benjamin Schauer. Anhand der beiden Fallbeispiele Lumbalsyndrom und Schlaganfall veranschaulichten sie, wie unter Zuhilfenahme aktueller Leitlinien der Wandel vom Physiotherapeuten als Behandler hin zum Coach gelingen kann.

Nach der Mittagspause durften dann die Teilnehmer im World Café aktiv werden. An sieben Tischen wurden die Themen Vollakademisierung, Physiotherapie-Assistent, Direktzugang im GKV-System, vom Physiotherapeuten zum Coach, Zertifikatspositionen, Transfer von EBP in die Praxis und der ideale Praxisalltag diskutiert. Anschließend bereitete jede Tischgruppe eine Ergebnispräsentation vor, bevor am Abend die Tanzfläche im Klosterkeller freigegeben wurde.

Am Sonntagmorgen hatte dann jede Gruppe die Gelegenheit, ihre Ergebnisse und Thesen zu präsentieren. Diese Resultate flossen in eine Resolution ein, welches als Grundlage für die weitere politische Arbeit des Verbands dienen soll. Teilnehmer und Organisatoren zeigten sich gleichermaßen erfreut über den Verlauf der Zukunftswerkstatt, die tolle, offene Atmosphäre und die anregenden Diskussionen. Und so machten sich mittags dann leicht erschöpfte, aber zufriedene Physiotherapeut*innen mit vielen neuen Ideen und Projekten auf den Heimweg.