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19.01.2005

Schmerzschrittmacher\" mit langer Haltbarkeit

Neuer Neurostimulator-Typ zur Behandlung chronischer Schmerzen.

An der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg ist erstmals in Deutschland ein Neurostimulator zur Bekämpfung schwerer chronischer Schmerzen eingesetzt worden, der eine besonders lange Haltbarkeit hat. Seine Batterien können von außen aufgeladen werden und müssen deshalb bis zu zehn Jahre lang nicht ausgetauscht werden.

Der Patient ein 37jähriger Kraftfahrzeug-Mechaniker, der nach mehrfachen Bandscheibenoperation unter starken, nicht ausreichend behandelbaren Beinschmerzen litt, wurde im Rahmen einer klinischen Studie behandelt, in der der neue Gerätetyp \"Restore\" der Firma Medtronic an zehn europäischen Kliniken getestet wird. Seine Schmerzen haben unmittelbar nach dem Eingriff bereits deutlich nachgelassen, ebenso sein Bedarf an schweren Schmerzmitteln.

\"Die Neurostimulation ist für Patienten mit schweren chronischen Schmerzen oft die letzte Chance auf ein erträgliches Leben\", erklärt Professor Dr. Volker Tronnier, Leitender Oberarzt der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Andreas Unterberg). Die Geräte werden - entweder als vollständiges oder teilweises Implantat - seit den siebziger Jahren zur Behandlung schwerer Dauerschmerzen eingesetzt. Weltweit sind bislang ca. 15.000 Patienten damit versorgt worden.

Vor allem Patienten, die an unerträglichen Schmerzen nach Nervenschädigungen, zum Beispiel nach Bandscheibenoperation, aber auch durch Durchblutungsstörungen leiden, sind Kandidaten für die

Stimulationsbehandlung. Das Haupteinsatzgebiet liegt bei sogenannten \"radikulären\" Schmerzen, d. h. der Schmerz strahlt vor allem in die Arme oder Beine aus. Schmerzen, die durch Abbau der Knochensubstanz in der Wirbelsäule entstehen, oder Rückenschmerzen können mit dieser Behandlungsmethode nicht beeinflusst werden.

Der Patient empfindet statt Schmerzen ein angenehmes Kribbeln

Der \"Schmerzschrittmacher\" ähnelt in vielerlei Beziehungen einem \"Herzschrittmacher\": Er besteht ebenfalls aus zwei Teilen: einem batteriegetriebenen, elektronischem Impulsgeber und einer (oder zwei) damit verbundenen Elektroden. Der Impulsgeber wird im Bauchbereich in eine Hauttasche implantiert; der flexible Draht der Elektrode wird auf die Rückenmarkshaut platziert und beeinflusst durch elektrische Reize die Weiterleitung von Schmerzimpulsen in das Gehirn und damit deren Wahrnehmung.

\"Der Patient empfindet im Bereich der Schmerzen ein angenehmes Kribbeln\", sagt Dr. Dirk Rasche, Arzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heidelberger Neurochirurgischen Klinik. Um Wirksamkeit und Sicherheit des Systems zu ermitteln, wird zunächst für eine Woche eine Testphase mit einem externen Stimulator durchgeführt; erst dann wird die eigentliche Implantation vorgenommen, die ebenfalls reversibel ist. Eine Kernspintomographie ist unter Beachtung bestimmter Sicherheitsmaßnahmen möglich.

Batterien werden von außen aufgeladen und halten bis zu zehn Jahre

Zu dem Neurostimulator-System gehören zwei unterschiedliche externe Programmiergeräte: Der Patient kann damit die Feinabstimmung seiner Therapie vornehmen, der Arzt die vorgenommenen Einstellungen abrufen sowie ändern. Je nach Bedarf kann die Stimulation verstärkt oder verringert werden, um eine optimale Schmerzlinderung zu erzielen.

In der Teststudie erhalten die Patienten zusätzlich ein drittes System, mit dessen Hilfe sie die Batterien des Neurostimulators von außen aufladen können und das am Körper getragen wird. \"Bislang müssen die Impulsgeber bei Batterieerschöpfung alle zwei bis fünf Jahre gewechselt, der Stimulator also bei einer kleinen Operation entfernt und durch einen neuen Impulsgeber ersetzt werden\", erklärt Dr. Rasche.

\"Wir rechnen damit, dass dies bei dem neuen System, ja nach Intensität der Stimulation, erst nach acht bis zehn Jahren erforderlich ist.\" Für die meisten Patienten wahrscheinlich ein Vorteil - denn für sie ist das Gerät zum unersetzlichen Begleiter geworden.

Bei Rückfragen: Dr. Dirk Rasche:E-Mail: dirk_rasche@med.uni-heidelberg.de

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg