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16.08.2013

"Vorstand vor Ort":

In den nächsten Monaten besucht der Bundesvorstand Kolleginnen und Kollegen in den einzelnen Bundesländern. In persönlichen Gesprächen und auf Veranstaltungen geht es um die bundesweiten und regionalen Belange unserer Mitglieder. Der 1. Termin dieser Tour von Ute Mattfeld fand in Mecklenburg-Vorpommern statt.

Ute Mattfeld zu Besuch in der Physiotherapiepraxis Katrin Dallmann in Röbel, Mecklenburg-Vorpommern

Liebe Frau Dallmann, seit wann betreiben Sie Ihre Praxis?

Ich habe mich 1991 hier in Röbel selbstständig gemacht. Zunächst in den Räumlichkeiten der Klinik in Röbel, dann in eigenen Räumen. Mittlerweile betreibe ich noch eine zweite Praxis in Rechlin, etwa 20 Kilometer entfernt von Röbel.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?

Ich habe sechs Angestellte, jeweils drei für die zwei Praxen und ich selbst. Mein Mann ist für die Organisation zuständig. Mir ist Qualität sehr wichtig. Deshalb stelle ich meine Mitarbeiter für Fortbildungen unter Fortzahlung der Vergütung frei und sie erhalten darüber hinaus einen Fortbildungszuschuss. Neben den klassischen Therapien bieten wir unter anderem auch medizinische Trainingstherapie und Präventionskurse wie beispielsweise Aquakurse, Rückenschule und Wirbelsäulengymnastik an.

Mittlerweile gibt es in Röbel sieben Physiotherapiepraxen auf etwa 6.000 Einwohner. Die Inhaber der neuen Praxen sind größtenteils ehemalige Mitarbeiter von mir.

Sie sind Mitglied im Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK).

Ja, ich bin Mitglied im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und außerdem engagiere ich mich für therapeutisches Reiten aktiv. Ich betreibe neben der Praxis einen Ponyhof und führe Therapie mit dem Pferd (Hippotherapie) durch.


Welche Themen interessieren Sie besonders?

Der Direktzugang zum Physiotherapeuten ist mir sehr wichtig. Außerdem brauchen wir ein Entgeltmodell, welches den jeweiligen Kompetenzen eines Therapeuten entspricht. Therapeuten, die viele Fortbildungen gemacht haben und Experten in bestimmten Bereichen sind, sollen eine andere Vergütung erhalten. Die volle Anpassung der Gebühren Ost und West ist ebenfalls ein längst überfälliges Anliegen.

Erleben Sie besondere Herausforderungen, eine Praxis im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern zu betreiben? Wenn ja, welche?

Hier bei uns im ländlichen Bereich an der Müritz gibt es nur wenige Selbstzahler, die beispielsweise die Hippotherapie angemessen bezahlen können. Ich wünsche mir hier mehr Entgegenkommen der Krankenkassen bei der Zuzahlung oder Übernahme der Hippotherapie.

Außerdem sind die Absetzungen der Krankenkassen und die lasche Haltung der Ärzte ein echtes Ärgernis. Es gibt Arztpraxen, die noch ohne geeignete Software arbeiten, die den aktuellen Heilmittelkatalog und die Indikationsschlüssel berücksichtigen. Außerdem sind viele Ärzte noch überzeugt, dass ein Rezept, welches "auf neurophysiologischer Grundlage" ausgestellt ist, ihr Budget mehr belastet. Daher werden Rezepte auf KG-Basis ausgestellt – mit der Bemerkung, dass ich ja sowieso "das Beste daraus mache". In Bezug auf die Absetzungen stehe ich auch im Austausch mit meinem Landesverband, der mich hier gut beraten hat.

Der ländliche Raum ist für unsere Patienten grundsätzlich eine Herausforderung: Ich schätze, dass die Bewohner um die Müritz mit durchschnittlich 30 Kilometer Anfahrt zum Arzt und etwa 50 Kilometer zum Facharzt rechnen müssen. In Röbel und Umgebung gibt es bald keinen Kinderarzt mehr, was sich natürlich sofort auf die Versorgung bedürftiger Kinder auswirken wird.

Hausbesuche sind für uns als Physiotherapiepraxis eine besondere Herausforderung. Etwa 30 Prozent unserer Rezepte sind Hausbesuchsrezepte. Das Einzugsgebiet meiner Praxis umfasst etwa 90 Kilometer. Wir müssen die Fahrten sehr genau planen, um überhaupt rentabel zu sein. Die Pauschale für den Fahraufwand Hausbesuche ist für die Versorgung auf dem Land ungünstig. Die alten Kilometerabrechnungen haben hier aus meiner Sicht besser auf die Anforderungen im ländlichen Bereich gepasst.

Wissen Sie, ich arbeite trotz allem sehr gerne als Physiotherapeutin und bin stolz auf meine inzwischen 30 Jahre in diesem Beruf.

Vielen Dank für das Gespräch! Genau die von Ihnen angesprochenen Themen wie Ost-West-Angleich, Direktzugang und angemessene Vergütung hat der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V. als seine gesundheitspolitischen Forderungen zur Bundestagswahl am 22. September in der Juli-Ausgabe des pt-Journals und im Newsbereich auf der Homepage unter www.physio-deutschland.de > Fachkreise-Seite veröffentlicht. Er wird nach der Bundestagswahl bei den verantwortlichen Politikern nachhaken und diese Themen berufspolitisch weiter voran bringen.

Das Gespräch führte Ute Mattfeld, Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) e.V.