Login Mitglieder
A- A A+ Startseite Patienten‌ & Interessierte Fachkreise
10.03.2005

Kritik am Präventionsgesetz

Anhörung im Bundestag: Prävention soll aus Steuergeldern finanziert werden.

Eigentlich begrüßen alle das Präventionsgesetz, aber ..... Das war der Tenor bei der Anhörung im Bundestag am 9. März, an dem zahlreiche Verbände und Experten teilnahmen. Die heftigste Kritik kam von denen, die Träger der geplanten \"Stiftung Prävention\" sein sollen, wie die gesetzliche Rentenversicherung sowie die Kranken- und Pflegekassen.

Der aktuelle Entwurf für ein Präventionsgesetz sieht vor, dass die Sozialversicherungen jährlich 250 Millionen Euro für Präventionsleistungen aufbringen. 180 Millionen Euro davon soll die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanzieren. Aus diesem Etat stehen den Sozialversicherungsträgern 100 Millionen Euro für individuelle Leistungen wie Ernährungsberatung oder Nichtraucherkurse zu. Weitere 100 Millionen stehen der Sozialversicherung für gemeinsame Aufgaben in den Bundesländern zur Verfügung. Damit sollen Maßnahmen in Schulen, Betrieben und Sportvereinen finanziert werden. 40 Millionen Euro erhält die geplante Stiftung für Modellprojekte und Kampagnen.

Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe müsse nach Ansicht fast aller Verbände und Experten auch so finanziert werden: über Steuern. In ihrer Stellungnahme erklären etwa der Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger (VDR) und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), es könne nicht sein, dass Versichertengelder für eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft verwendet würden, dies müsste aus Steuermitteln geleistet werden. Die Krankenkassen beklagen, dass sie Geldgeber sind, über Projekte und Ziel der Stiftung aber nicht entscheiden können.

Professor Otfried Seewald von der Uni Passau bemängelte, dass mit dem Präventionsgesetz Länder- und Bundeskompetenzen gemischt werden. Seewalds Gutachten stärkt die Argumentationslinie der Pflegekassen. Sie wollen über das wenige Geld, das sie für Prävention ausgeben sollen, mehr Entscheidungsgewalt, als Bund und Länder ihnen zugestehen.

Dr. Wilfried Kunstmann kritisierte aus Sicht der Bundesärztekammer (BÄK), dass es keine sinnvolle Verknüpfung zwischen den geplanten Maßnahmen der Primärprävention und bereits bestehenden Angeboten der Ärzteschaft gebe, zum Beispiel den Vorsorgeuntersuchungen. Der Gesetzentwurf setze in Richtung Ärzteschaft ein falsches Zeichen, nämlich, „dass Prävention nur noch anderswo stattfinden soll“. Ähnliches forderte auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). BÄK wie KBV verlangen außerdem eine Einbindung in die geplante Stiftung Prävention und das Kuratorium.

Die Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, fürchtet neue Verschiebebahnhöfe. Die Krankenkassen hätten Sorge, dass sich Bund und Länder aus bisherigen Präventionsprojekten zurückzögen und die Finanzierung den Sozialversicherungen überließen, sagte sie.

Davor warnte auch der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV). Es fehlten verbindliche Vorgaben zur finanziellen Beteiligung von Bund, Ländern und Kommunen an den Präventionskosten, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Dr. Ulrich Schneider. Wenn die Mittel für primäre Prävention und Gesundheitsförderung ausschließlich von den Trägern der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung getragen werden müssen, sei zu befürchten, dass Gelder, die diese bislang für medizinische Pflege und Rehabilitation verwenden, reduziert werden. Besonders für chronisch kranke Menschen werde das negative Folgen haben. betonte Schneider zurückzufahren.\" Prävention darf aus Sicht des Paritätischen zudem nicht auf Primärprävention beschränkt werden, die das Entstehen von Krankheiten überhaupt vermeiden soll. \"Darüber hinaus müssen auch Maßnahmen der Krankheitsbewältigung gefördert werden, wie sie von Selbsthilfegruppen angeboten werden\", sagte Schneider. Prävention müsse zudem Maßnahmen und Angebote berücksichtigen, die zur Verminderung schlechterer Gesundheitschancen gesellschaftlich benachteiligter Menschen beitragen.