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15.03.2019

Physiotherapeutische Diagnostik: Auswahl des richtigen Assessments

Sie besitzen nach dem ersten Artikel dieser Serie eine erste Vorstellung davon, wo das Problem Ihres Patienten liegen könnte. Um detailliertere Aussagen über einzelne betroffene Strukturen zu treffen, benötigen Sie nun eine gezielte Testung einzelner Strukturen, die Sie idealerweise im Verlauf der Therapie auch zur Dokumentation nutzen können. In der Fachliteratur existieren diverse Sammlungen von Testbatterien und Assessments (standardisiertes Testverfahren) für nahezu jedes Krankheitsbild. Wie Sie daraus einen für Sie geeigneten Test herausfiltern und worauf es bei der Auswahl ankommt, erläutern wir Ihnen in unserem heutigen Artikel.

Wie gut ein Test funktioniert, kann anhand von drei Gütekriterien beurteilt werden:

1.    Objektivität:
Die Ergebnisse eines objektiven Tests lassen sich unabhängig vom Testleiter reproduzieren. Kurz gesagt: Egal, ob Sie oder Ihre Kollegen den Test mit einem bestimmten Patienten durchführen, sie gelangen zu den gleichen Ergebnissen.

2.    Reliabilität:
Die Reliabilität beschreibt die Verlässlichkeit oder Genauigkeit des Testergebnisses, also ob das was gemessen wird, auch exakt gemessen wird. Die Reliabilität wird in der Regel erhoben, indem man den Test mehrfach wiederholt oder in mehrere Teilaufgaben splittet, die alle das gleiche untersuchen. Bleiben dann die Ergebnisse gleich, kann man von einem verlässlichen Test ausgehen.

3.    Validität:

Entscheidend für einen guten Test ist selbstverständlich auch, ob der Test tatsächlich das misst, was er messen soll. Grundvoraussetzung für eine gute Validität ist das Vorhandensein von Objektivität und Reliabilität. Es existieren jedoch auch Testungen, die sehr objektiv und reliabel sind, aber trotzdem nicht valide.
Tests dienen häufig der physiotherapeutischen Diagnostik einer bestimmten Erkrankung, deshalb tauchen in diesem Zusammenhang auch die Begriffe Sensitivität und Spezifität auf. Unter Sensitivität versteht man die Zuverlässigkeit, mit der ein Test das Vorhandensein einer Erkrankung aufdeckt. Spezifität beschreibt dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gesunder durch den Test auch als gesund erkannt wird.

Um die Qualität eines Tests beurteilen zu können, müssen also grundsätzlich die drei Gütekriterien beachtet werden, bei diagnostischen Tests zusätzlich die Testgenauigkeit hinsichtlich Sensitivität und Spezifität. In der Regel werden Assessments in Studien hinsichtlich der genannten Kriterien überprüft. Es existieren jedoch auch Testsammlungen, die eigene Scores vergeben, um einen schnelleren Überblick zu ermöglichen. Eine gute Übersicht über die wichtigsten Assessments für muskuloskelettale Erkrankungen bietet das nur in Englisch verfügbare Werk „Orthopaedic Physical Examination Tests: An Evidence-Based Approach“ von Chad Cook und Eric Hegedus.

In den kommenden Ausgaben unserer freitäglichen Fachserie werden wir Ihnen immer wieder evidenzbasierte Testverfahren vorstellen, die Sie direkt in der Praxis anwenden können.
Im Anhang finden Sie außerdem heute den zweiten Teil unseres Befundbogens zum Download, den wir passend zu unserer Artikelserie jede Woche ergänzen. Ende März besitzen Sie damit ein umfangreiches Dokument für Ihre physiotherapeutische Diagnostik in Praxis oder Ausbildung.