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14.09.2015

Krankenkassen, KVen und Ärztekammern in der Pflicht!

Ärzte verweigern unter Hinweis auf laufende Wirtschaftlichkeitsprüfungen immer häufiger notwendige Heilmittelbehandlungen.

Fall 1: Die Patientin steht in der Tür und berichtet, dass sich ihre Ärztin weigert, eine Verordnung auszustellen. Anlass dafür sei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, bei der eine massive Überschreitung der Richtgrößen festgestellt worden sei.

Fall 2: Schon beim Betreten der Arztpraxis erhält der Patient ein Merkblatt ausgehändigt, aus dem hervor geht, dass der Arzt bis auf weiteres (konkret: bis zum Abschluss einer laufenden Wirtschaftlichkeitsprüfung) keine Verordnungen über Manuelle Lymphdrainage mehr ausstellen wird.

Alles nur Gerede? Keineswegs. So oder so ähnlich erlebt dies jeden Tag die eine oder andere Praxis in unserem Land. Für Patient und Praxisinhaber stellt sich dabei die Frage, ob der Arzt tatsächlich medizinisch indizierte Heilmittelbehandlungen unter Hinweis auf einen möglichen Regress verweigern darf.

PHYSIO-DEUTSCHLAND nimmt deshalb aus aktuellem Anlass hierzu wie folgt Stellung:
 
Verweigern Vertragsärzte ihren Patienten aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus medizinisch notwendige (Heilmittel-)Behandlungen, so verstoßen sie einerseits gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten (Stichwort Bundesmantelvertrag), anderseits machen sie sich sogar strafbar, sollte der Tatbestand der Körperverletzung vorliegen. Der Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten wird dabei durch die Krankenkasse beziehungsweise die Kassenärztliche Vereinigung (KV) - also die Vertragspartner des Arztes - verfolgt. Aber auch die Ärztekammern nehmen sich – macht man sie darauf aufmerksam - zunehmend häufiger entsprechender Fälle an. Die möglichen Sanktionen gegen den Arzt reichen dabei von einer einfachen Ermahnung bis hin zum (bei besonders schweren Fällen) Entzug der Kassenzulassung.
 
Bei allem Verständnis für die wirtschaftlichen Interessen der Ärzte, die über fallende Punktwerte und steigende Regresse klagen: Jede Auseinandersetzung eines Arztes mit der gemeinsamen Prüfungsstelle der KVen und Krankenkasse im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird, muss als solche auch gebrandmarkt werden. Unbeschadet auch unserer eigenen wirtschaftlichen Interessen müssen wir uns in dieser Auseinandersetzung hinter unsere Patienten stellen. Wir empfehlen dabei, zunächst das Gespräch mit dem Arzt zu suchen. Ändert der Arzt seine Haltung nicht, ist dem Patienten anzuraten, selbst seine Krankenkasse, die Kassenärztlichen Vereinigung wie auch die Ärztekammer  zu informieren. Diese werden dann von Amts wegen aktiv.
 
Mit Blick in die Zukunft bleibt zu hoffen, dass diese Art Probleme in der Heilmittelversorgung bald der Vergangenheit angehört. Denn: Der Gesetzgeber hat im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vorgesehen, dass nicht mehr der Gesetzgeber über die Art und Weise der Wirtschaftlichkeitsprüfung bestimmt (in Form entsprechender gesetzlicher Regelungen). Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung sollen sich stattdessen bis zum 01. Januar 2017 auf neue Regelungen verständigen, die die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung sichert.