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20.06.2008 – Bundesverband

Novellierung des SGB V Hier: § 91 Abs. 6 (neu)

Der Bundestag hat § 91 SGB V neu gefasst und die bisherigen Regelungen des Abs. 9 in Abs. 6 (neu) konkretisiert. Die wesentliche Änderung für den Bereich der Heilmittelerbringer ist, dass nunmehr die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses - z.B. zu den Heilmittel-Richtlinien - auch für die zugelassenen Heilmittelerbringer unmittelbare Rechtswirkungen entfalten.

Welche praktische Bedeutung hat dies für unsere Heilmittelpraxen? Veröffentlichungen in diversen Internetforen haben hierzu ein aus unserer Sicht völlig unzutreffendes Bild gezeichnet. Wir stellen deshalb klar:

1. Unmittelbare Rechtswirkungen können die Heilmittel-Richtlinien gegenüber unseren Praxen nur dort entfalten, wo die Heilmittelerbringer
- - und nicht die Ärzte, Krankenkassen oder Versicherten - - Adressat der Regelungen sind. Ein Beispiel: In Abschnitt VI Ziff 21 bis 25 z.B. finden sich Vorgaben für den Arzt, wie er die Heilmittelverordnung auszufüllen hat; hier ist und bleibt der Arzt der alleinige Adressat.

Demgegenüber regelt Abschnitt VII Ziff 26 bis 29 im Einzelnen, welche Vorgaben die Heilmittelerbringer bei der Versorgung der Patienten mit Heilmitteln auf der Basis der ärztlichen Verordnung zu beachten haben. Diese Vorgaben richten sich an die Heilmittelerbringer und sind von unseren Praxen zu beachten, soweit in den Rahmenverträgen nichts anderes vereinbart ist.

2. Die Heilmittel-Richtlinien sind Basis der Vereinbarungen zwischen den Berufsverbänden und den gesetzlichen Krankenkassen sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene. Diese Vereinbarungen konkretisieren die Verpflichtungen der Heilmittelerbringer und ergänzen so den knappen Text der Heilmittel-Richtlinien. Dies ist unsere ureigenste Aufgabe, wie das BSG in seiner Entscheidung vom 29.11.2006 (Az.: B 6 KS 7-06 R, BHV ./. G-BA) ausdrücklich festgestellt hat. Die Rahmenverträge bieten damit allen Zugelassenen, die unter ihren Bedingungen praktizieren, weitestgehend Schutz vor eigenwilligen Interpretationen der Krankenkassen. Dies hat vor kurzem noch die Entscheidung des BSG vom 15.11.2007 (Az.: B 3 KR 4-07) zur Prüfpflicht von Physiotherapeuten in Bezug auf Heilmittelverordnungen gezeigt.

3. Im Folgenden finden Sie eine detaillierte Übersicht über die wenigen praktischen Auswirkungen dieser Gesetzesänderung für die Heilmittelerbringer:

Auswirkungen der Gesetzesänderung in § 91 Abs. 6 SGB V
(bisher § 91 Abs. 9 SGB V)

Mit der Gesetzesänderung führen nur die Regelungen in den Heilmittel-Richtlinien zu einer unmittelbaren Bindungswirkung für die Heilmittelpraxen, die unmittelbar die Zusammenarbeit zwischen Vertragsarzt und Heilmittelerbringer bzw. Krankenkasse und Heilmittelerbringer regeln. Ergänzend gelten die Vereinbarungen in den Rahmenverträgen.

Es geht hierbei insbesondere um folgende Regelungsbereiche:

 II …     Grundsätze der Heilmittelverordnung Ziffer 9 Absatz 2:

Um die Zusammenarbeit zwischen Vertragsarzt und Heilmittelerbringer im Hinblick auf eine gemeinsame, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung zu gewährleisten, dürfen für die Verordnung von Heilmitteln nur die jeweils vereinbarten Vordrucke verwendet werden. Das Nähere zum Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem Heilmittelerbringer und den Gebrauch der Verordnungsvordrucke ist in den Kapiteln VI und VII dieser Richtlinien bestimmt.

= Der Heilmittelerbringer darf damit lediglich Verordnungsvordrucke annehmen, die zwischen KBV und Spitzenverbänden vereinbart wurden (Anmerkung: Ist beispielsweise im VdAK-Rahmenvertrag bereits geregelt).

 II ...      Grundsätze der Heilmittelverordnung Ziffer 11.5 Satz 1:

Begründungspflichtige Verordnungen sind der zuständigen Krankenkasse vor Fortsetzung der Therapie zur Genehmigung vorzulegen.

= Der Heilmittelerbringer ist damit verpflichtet, sicherzustellen, dass begründungspflichtige Verordnungen der Krankenkasse zur Genehmigung  vorgelegt werden.

VI ...     Inhalt und Durchführung der Heilmittelverordnung Ziffern 21 und 22:

1. Die Verordnung erfolgt ausschließlich auf vereinbarten Vordrucken. Die Vordrucke müssen nach Maßgabe der Nummer 22 vollständig ausgefüllt werden. Änderungen und Ergänzungen der Heilmittelverordnung bedürfen mit Ausnahme der Regelung nach den Nummern 29.1 und 29.4 einer erneuten Arztunterschrift mit Datumsangabe.

2. Welche Pflichteintragungen in der Heilmittelverordnung von unseren Praxen zu prüfen sind, ergibt sich wie bisher aus den Rahmenverträgen mit den Krankenkassen (vgl. insoweit auch Rundschreiben Nr. 028/2008 unter Bezug auf die Entscheidung des BSG vom 15.11.2007).

= Der Heilmittelerbringer ist damit verpflichtet, Änderungen bzw. Ergänzungen vom Arzt gegenzeichnen zu lassen bei z.B. Änderung des Heilmittels (siehe § 7 Ziff 2, 1. Spiegelsatz des VdAK-Rahmenvertrages).

VII …   Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und Heilmittelerbringern

26. Eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung mit Heilmitteln, die das Maß des Notwendigen nicht überschreitet, ist nur zu gewährleisten, wenn der verordnende Vertragsarzt und der die Verordnung ausführende Therapeut eng zusammenwirken.

27. Dies setzt voraus, dass zwischen dem Vertragsarzt, der bei der Auswahl der Heilmittel definierte Therapieziele zur Grundlage seiner Verordnung gemacht hat, und dem Therapeuten, der die sachgerechte und qualifizierte Durchführung der verordneten Maßnahme gewährleistet, eine Kooperation sichergestellt ist. Dies gilt insbesondere für den Beginn und die Durchführung der Heilmittelbehandlung.

28. Beginn der Heilmittelbehandlung:

28.1 Sofern der Vertragsarzt auf dem Verordnungsvordruck keine Angabe zum spätesten Behandlungsbeginn gemacht hat, soll die Behandlung innerhalb des nachstehenden Zeitraums begonnen werden

− bei Maßnahmen der Physikalischen Therapie:
innerhalb von 10 Tagen nach Ausstellung der Verordnung,

= Der Heilmittelerbringer ist damit gehalten, den Behandlungsbeginn innerhalb von 10 Tagen sicherzustellen (Anmerkung: Ausnahmen sind in den Rahmenverträgen geregelt)

28.2 Kann die Heilmittelbehandlung in dem genannten Zeitraum nicht aufgenommen werden, verliert die Verordnung ihre Gültigkeit.

29. Durchführung der Heilmittelbehandlung:

29.1 Sind auf dem Verordnungsvordruck Angaben zur Frequenz der Heilmittelbehandlung gemacht, ist eine Abweichung davon nur zulässig, wenn zuvor zwischen Vertragsarzt und Therapeut ein abweichendes Vorgehen verabredet wurde. Die einvernehmliche Änderung ist vom Therapeuten auf dem Verordnungsvordruck zu dokumentieren (siehe Ziff 3, 1. Spiegelsatz des VdAK-Rahmenvertrages).

29.2 Wird die Behandlung länger als nachstehend genannt unterbrochen, verliert die Verordnung ihre Gültigkeit
− bei Maßnahmen der Physikalischen Therapie:
nach 10 Tagen,
= Der Heilmittelerbringer ist damit verpflichtet, Behandlungen innerhalb von 10 Tagen sicherzustellen (Anmerkung: Ausnahmen sind in den Rahmenverträgen geregelt)

29.3 Ergibt sich bei der Durchführung der Behandlung, dass mit dem verordneten Heilmittel voraussichtlich das Therapieziel nicht erreicht werden kann oder dass der Patient in vorab nicht einschätzbarer Weise auf die Behandlung reagiert, hat der Therapeut darüber unverzüglich den Vertragsarzt, der die Verordnung ausgestellt hat, zu informieren und die Behandlung zu unterbrechen. Der Vertragsarzt entscheidet über eine Änderung oder Ergänzung des Therapieplans, eine neue Verordnung oder die Beendigung der Behandlung.

29.4 Hat der Vertragsarzt Gruppentherapie verordnet und kann die Maßnahme aus Gründen, die der Vertragsarzt nicht zu verantworten hat, nur als Einzeltherapie durchgeführt werden, hat der Therapeut den Vertragsarzt zu informieren und die Änderung auf dem Verordnungsvordruck zu begründen.

29.5 Sofern der Vertragsarzt für die Entscheidung über die Fortführung der Therapie einen schriftlichen Bericht über den Therapieverlauf nach Ende der Behandlungsserie für notwendig hält, kann er diesen auf dem Verordnungsvordruck beim Therapeuten anfordern.
= Der Heilmittelerbringer ist damit verpflichtet, auf Wunsch des Arztes einen Therapiebericht zu erstellen. Problematisch wird es, wenn weder im Rahmenvertrag noch in der Gebührenvereinbarung geregelt wurde, in welcher Höhe eine Vergütung für diese Leistung erfolgt.

Der ZVK hält hierfür eine angemessene Vergütung für berechtigt.