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23.06.2005 – Bundesverband

Österreich: Bei OP wird lädiertes Knie rekonstruiert

Mit Hilfe eines 3D-Modells soll dem verletzten Gelenk nicht nur Stabilität, sondern das alte gewohnte Bewegungsmuster zurückgegeben werden.
Bis zu einem Fünftel der Kreuzband-Operierten leidet langfristig unter mangelnder Gelenksstabilität und Schmerzen, oft auch Arthrose, berichtet diepresse.com Wien. Thomas Nau vom Wiener AKH erklärt bisherige \"OP-Versäumnisse\": \"Das Knie ist kein reines Scharniergelenk. Jeder beugt, streckt und rotiert es in sechs Freiheitsgraden der Bewegung, also in sechs Richtungen, und zwar individuell unterschiedlich. Operieren tun wir aber alle gleich.\" Theoretisch könnte jedes durch Überbeanspruchung lädierte Knie - fast hundert Prozent der gerissenen Kreuzbänder gehören Sportlern - die Bewegungsfreiheit und Stabilität wieder gewinnen. Und zwar mit einer Methode, die Nau seit einem Forschungsaufenthalt in Kanada vor fünf Jahren in einem FWF-Projekt weiterentwickelt: Sie arbeitet mit dreidimensionalen dynamische Bilder der Gelenke. Dabei werden die Knie, wie seit rund zehn Jahren in der Medizin üblich, mit Magnetresonanztomografie (MRT) untersucht. Aber Naus Ansatz geht über die bisherigen - statischen - Bilder hinaus: \"Mit bewegten Bildern wollen wir dreidimensionale Modelle am Bildschirm zeigen und berechnen. Damit könnten wir die Unterschiede zwischen gesundem und lädiertem Knie in Ruheposition und im Bewegungsablauf sichtbar machen.\" Für die anschließende Operation gilt grundsätzlich, dass sich gesunde Knie einer Person \"biomechanisch\" gleich verhalten, also links und rechts gleich bewegen - spiegelverkehrt natürlich. Die Defizite des verletzten Gelenks will Nau dadurch beheben, dass er das gesunde Knie als Vorbild nimmt. Und woher kommt das Material zur Reparatur? Aus dem Knie selbst. Kreuzbänder haben den Nachteil, dass sie, einmal gerissen, nicht wieder zusammenwachsen. Die anderen Kniebänder tun das schon. Darum wird ein gerissenes Kreuzband durch eine Sehne ersetzt, entweder durch eine Patellarsehne, die sich über die Kniescheibe dehnt, oder durch Sehnen an der Beugeseite. \"Wir möchten das Knie ,rekonstruieren\' statt ,operieren\', sagt Nau. Mit Hilfe des 3D-Modells soll dem verletzten Gelenk nicht nur Stabilität, sondern vor allem das alte gewohnte Bewegungsmuster zurückgegeben werden kann. Das erhoffte Ergebnis nennt Nau das \"personifizierte Kniegelenk\", das nach der Operation nur noch wieder in Schwung gebracht werden muss. Anders als früher, als frisch operierte Knie noch ruhig gestellt wurden, wird heute sofort nach dem Eingriff mit hartem Training begonnen: \"Durch die Physiotherapie lernen die Knie-Ersatzteile genau, was sie tun müssen\", erklärt Nau. Währenddessen baut der Körper die Ersatzsehnen allmählich ab und lässt neue an selber Stelle nachwachsen. Diese bewegen sich dann so wie die alten. Das Knie als \"Fremdkörper\" könnte also bald ein Fremdwort sein. (diepresse.com | Wien)