28.11.2005
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Bundesverband
Ab heute legen Ärzte in der Berliner Charité die Arbeit nieder
85.000 Überstunden pro Monat / Verstärkte Kritik der Ärzteschaft an der Bundesregierung im Streit um die Ungleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten
Die Ärzte der Berliner Charité wollen von heute an für eine Woche streiken. 99 Prozent der Mediziner stimmten für den Streik. Die Notfallversorgung werde jedoch an allen Klinikstandorten sichergestellt, sagte der Sprecher der Ärzteinitiative der Charité, Olaf Guckelberger. Allerdings seien vorab geplante Aufnahmen und Behandlungen verschoben worden, soweit das vertretbar sei. Mit dem Streik reagieren die rund 2200 Mediziner auf das Scheitern der Tarifverhandlungen. Zu dem Arbeitskampf hat die Ärztegewerkschaft Marburger Bund aufgerufen. \"Wir sind jederzeit wieder zu neuen Verhandlungen bereit\", sagte Charité-Sprecherin Kerstin Endele.
Die Ärzte der Charité fordern vor allem bessere Arbeitsbedingungen sowie die Entlohnung jeder Arbeitsstunde. Sie leisten nach Angaben der Ärzteinitiative durchschnittlich 85.000 Überstunden pro Monat. Außerdem seien die Einkommen junger Ärzte in Deutschland von 1993 bis 2002 um 7,5 Prozent gesunken. Das seien die niedrigsten im westeuropäischen Vergleich.
Unterdessen verstärkt die Ärzteschaft im Streit um die Ungleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten ihre Kritik an der Bundesregierung. Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe kritisierte am Wochenende, der Gesetzgeber sei für die unterschiedliche Behandlung verantwortlich. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stellte sich dagegen hinter die Pläne der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), dass Ärzte für die Behandlung von Kassen- und Privatpatienten künftig gleiches Honorar erhalten sollen.
Zu den Vorwürfen, Kassenpatienten würden etwa bei Terminen für Operationen benachteiligt, sagte Hoppe, man dürfe nicht Ursache und Wirkung verdrehen. Mit Privatpatienten müssten Ärzte lediglich einen Termin ausmachen, während dies bei gesetzlich Versicherten nicht ausreiche. „Hier geht es nicht nur darum, wann der nächste Termin verfügbar ist, sondern auch, ob das von der Politik für Kassenpatienten vorgegebene Budget ausgeschöpft ist“, erläuterte Hoppe. ddp/dpa/PNN