24.02.2006
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Bundesverband
AOK Heilmittelinformationen HIS erschienen
Im Jahr 2004 acht Prozent weniger Leistungen für Physiotherapie im Vergleich zu 2003 / Die Auswertung des Jahres 2004 durch das Wissenschaftliche Institut der AOK -WIdO wirft zentrale Fragen auf.
Die Spitzenverbände der Krankenkasse bemühen sich derzeit um deutlich mehr Transparenz bei der Ausgabenentwicklung und so auch im Heilmittelbereich. Dem dient u.a. das Heilmittel-Informations-System (GKV-HIS). Parallel zu diesem Informationssystem werten die AOK´en die Ausgaben für Heilmittel für ihre Versicherten im Rahmen des sogenannten AOK-Heilmittel-Informations-System aus (AOK-HIS).
Die Auswertung des Jahres 2004, durchgeführt vom Wissenschaftlichen Institut der AOK - WIdO, die in diesen Tagen veröffentlich wurde, beschäftigt sich diesmal insbesondere mit der Inanspruchnahme von Heilmitteln nach Geschlecht und Alter, insbesondere der Kinder und Jugendlichen.
Rund 36 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten waren im Jahr 2004 bei der AOK als größter Kassenart versichert. Für diesen Versichertenanteil wird im AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) das Heilmittelgeschehen auf Individualebene analysiert: 4 Millionen AOK-Versicherten - dies entspricht einem Anteil von 16 Prozent an allen AOK-Versicherten - wurde von einem der ca. 130 Tsd. bundesdeutschen Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, mindestens eine Heilmittelleistung verordnet.
Im Jahr 2004 wurden insgesamt 26,6 Millionen Rezepte für gesetzlich Krankenversicherte ausgestellt. Jeder der 70,3 Millionen GKV-Versicherten hat 2004 im Durchschnitt 3,8 Heilmittelbehandlungen erhalten. Damit sind für jeden GKV-Versicherten im Durchschnitt Kosten in Höhe von 45,30 Euro für physiotherapeutische, 7,00 Euro für ergotherapeutische und 4,79 Euro für logopädische Behandlung in 2004 angefallen. Die Ausgaben für Heilmittel verursachten im Jahr 2004 weniger als 3 Prozent der rund 131 Mrd. Euro Gesamtausgaben der GKV.
Die Physiotherapie nimmt auch im Jahr 2004 mit 25,1 Millionen Verordnungsblättern den größten Anteil an allen verordneten Leistungen ein. Ergotherapie und Logopädie bilden jeweils nur ein kleines Segment des Verordnungsgeschehens, allerdings erreichen sie als preisträchtige therapeutische Mittel einen vergleichsweise höheren Umsatzanteil (durchschnittlich 306 Euro bei Logopädie, 296 Euro bei Ergotherapie und 88 Euro bei Physiotherapie).
Auswirkungen der Heilmittel-Richtlinien auf die Physiotherapie
Deutlich wird, dass sich nach der „Reform“ der Heilmittelrichtlinien eine klare Verschiebung im Verordnungsgeschehen vollzog und im Bereich Physiotherapie ein Minus von 8 Prozent der Leistungsausgaben im Vergleich zum Vorjahr eintrat. Ähnlich sieht es für die ersten drei Quartale des Jahres 2005 aus.
Von den insgesamt 13,2 Millionen Leistungen mit einem Kostenvolumen von 1,4 Milliarden Euro entfielen 78,5 Prozent auf Leistungen der Physiotherapie, 12 Prozent auf Maßnahmen der Ergotherapie und 8,7 Prozent auf logopädische Therapien. Im Vergleich zum Vorjahr wurden dabei 2004 fast 8 Prozent weniger Leistungen in Physiotherapie verordnet. Auffallend ist, dass der Bereich der Ergotherapie auch im Jahre 2004 um insgesamt 8 Prozent und der Bereich der Logopädie um insgesamt 11 gestiegen sind.
Anteil nach Geschlecht und Altersgruppen am Therapiegeschehen: Frauen erhalten mehr physiotherapeutische Leistungen als Männer /Weniger erwachsene Heilmittelpatienten
Insgesamt ist der Patientenanteil an den Versicherten der AOK am Heilmittelgeschehen um 5 Prozent gegenüber 2003 rückläufig. Dies zeigt sich mit einem Rückgang von 9 Prozent insbesondere bei der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen. Kinder sind die einzige Altersgruppe, bei der der Patientenanteil wächst. Der Anteil der Patienten bis vier Jahre stieg um 7 Prozent, bei den 10- bis 14-Jährigen um 6 Prozent.
In der Physiotherapie wurden 2004 rund 471 Leistungen je 1.000 Versicherte veranlasst. Frauen erhielten 66 Prozent mehr Verordnungen als Männer. Im Lebensalter zwischen 60 und 80 Jahren sind es im Durchschnitt 28 Prozent aller physiotherapeutischen Leistungen, d.h. ein Viertel des gesamten Leistungsgeschehen.
Die Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen verzeichnet im Heilmittelbereich einen besonders starken Rückgang von 9 Prozent im Vergleich zu 2003.
Mehr Kinder in der Heilmitteltherapie
Die aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zur Heilmittelversorgung im Jahr 2004 zeigt, dass trotz insgesamt rückläufiger Behandlungszahlen von Heilmitteln im Jahr 2004 bei Kindern ein deutlicher Anstieg der Verordnungen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist.
Nahezu jedes zehnte AOK-versicherte Kind bis 14 Jahre hat 2004 mindestens eine Heilmittelleistung von den insgesamt 1,2 Millionen Leistungen erhalten. Bei den fünf- bis neun- Jährigen Kindern im Vor- und Grundschulalter werden 15,3 Prozent der Kinder mit Heilmitteln therapiert. Der AOK Report verweist darauf, dass immer mehr Kinder in ergotherapeutischer und/oder logopädischer Behandlung sind. Insbesondere der Anteil der Ergotherapie mit Stimm-, Sprech- oder Sprachtherapie liegt recht hoch (mehr als 8 Prozent erhält in dieser Altersgruppe eine logopädische Behandlung).
Die Gründe für diesen Verordnungsanstieg sind nicht bekannt, betont das WIdO. „Es liegen bisher auch keine Studien vor, die Erfolg und Nutzen einer Heilmittelbehandlung untersucht haben“, so das Wissenschaftliche Institut.
Die Physiotherapie („Krankengymnastik ZENS“) spielt bei nur 4,2 Prozent der Kinder bis 14 Jahre eine untergeordnete Rolle. Therapien zur Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen nach Bobath oder Vojta werden eher an kleine Patienten verordnet, die unter angeborenen oder sehr früh erworbenen Krankheiten oder Entwicklungsstörungen leiden.
Die vorliegenden Daten machen insgesamt deutlich, dass die meisten Heilmittelleistungen in den Altersklassen unter 18 Jahren und die Altersklassen ab 55 Jahren erbracht werden .
Fazit
Der Auswertung des Jahres 2004 durch das Wissenschaftliche Institut der AOK - WIdO wirft zentrale Fragen auf, die noch geklärt werden müssen:
Warum es so deutliche regionale Unterschiede in der Heilmitteltherapie gibt
die Auswertungen von Therapieerfolgen zur Entwicklung von Therapieleitlinien
sowie
Kosten/Nutzen-Bewertungen bei der Versorgung von Kindern und über Fünfzigjährigen.