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13.10.2008 – Bundesverband

Deutscher Schmerzkongress 11. Oktober 2008: : Was den Deutschen weh tut: Alltag in Schmerzzentren

Forscher werteten Daten von über 10.000 Patienten aus - Hauptdiagnose \"Rückenschmerz

Gesicherte Daten zum Thema Schmerz - bisher Mangelware – konnten Forscher jetzt beim Deutschen Schmerzkongress in Berlin präsentieren. Sie werteten über 10.000 Datensätze der international größten schmerzbezogenen Datenbank "QUAST" aus. Es zeigte sich, dass im untersuchten Patientenkollektiv die Hauptdiagnose "Rückenschmerz" am häufigsten und der Neuropathische Schmerz" (Nervenschmerz) am zweithäufigsten vertreten sind. Platz drei nehmen "Muskel-, Gelenk-und Knochenschmerz" ein, Platz vier die Diagnose "Kopfschmerzen".

Die psychische Belastung durch den Schmerz ist erheblich, und 40% der Betroffenen sind aufgrund ihrer Erkrankung in Rente. Die gute Nachricht: Die Versorgung in spezialisierten Schmerzzentren hilft auch den am schwersten betroffenen chronischen Schmerzpatienten. Vor zehn Jahren hatte der Vorstand der DGSS mit dem Dokumentationssystem "Qualitätssicherung in der Schmerztherapie - QUAST" die große anonymisierte Datenbank initiiert. Sie wird aus mittlerweile mehr als 125 deutschen Schmerzeinrichtungen gespeist.

Sieben Jahre Dauerschmerz

Fast drei Viertel der 10.054 Patienten der Analysestichprobe beklagen einen Dauerschmerz. Die Erkrankungsdauer liegt im Mittel bei sieben Jahren. Erfreulicherweise suchen mehr als 20% bereits innerhalb der ersten zwölf Monate eine spezialisierte schmerztherapeutische Einrichtung auf. Knapp 40% der Schmerzpatienten sind nach dem Mainzer Stadienmodell (MPSS) dem höchsten Chronifizierungsstadium III zuzuordnen, nur 17% dem Stadium I. Mehr als 40% der Patienten geben an, dass sie aktuell eine Rente beziehen. "Besonders erwähnenswert ist die hohe psychische Belastung, wie z.B. Depressivität, Einschränkung der Lebensqualität, schmerzbezogene Beeinträchtigung des Alltagslebens, die deutlich höher ausfällt als es die bisherigen Vergleichswerte für Schmerzpatienten vorsehen", unterstreicht Dr. Jule Frettlöh von der Schmerzambulanz der Ruhr-Universität Bochum im Klinikum Bergmanns-heil. "Bereits diese ersten Ergebnisse unterstreichen ganz deutlich die Notwendigkeit einer interdisziplinären Behandlung, bei der die psychologische Versorgung der Schmerzpatienten fester Bestandteil im Behandlungskonzept sein muss."

Daten zeigen: Auch schwerer chronischer Schmerz ist behandelbar

Neben der Auswertung der gesamten Stichprobe analysierten die Forscher die Daten auch getrennt nach Schmerzdi-agnosegruppen. Hierbei unterscheidet sich die Patientengruppe mit der Hauptdiagnose Kopfschmerzen im Hinblick auf mehrere Schmerzparameter und psychometrischer Kennwerte von den übrigen Gruppen. Die untersuchten Kopfschmerzpatienten sind deutlich länger erkrankt, weisen aber niedrigere Depressionswerte und eine höhere körperliche Lebensqualität auf als alle anderen Diagnosegruppen. Patienten mit Neuropathischem Schmerz hingegen unterscheiden sich wenig von anderen Patientengruppen. Für die häufigsten Hauptschmerzdiagnosen zeigt sich, dass die psychologische Beeinträchtigung der Patienten umso ausgeprägter ist, je höher die Schmerzchronifizierung ist.

"Erstmals konnte unsere Analyse dabei an einem größeren Patientenkollektiv nachweisen, dass therapeutisch gute Behandlungseffekte auch bei hoher Chronifizierung (Stadium III nach MPSS) zu beobachten sind", so Frettlöh. Zudem zeigt sich, dass hoch chronifizierte Schmerzpatienten mit dem Behandlungserfolg ähnlich zufrieden sind wie Patienten mit niedrigerem Chronifizierungsstadium. "Das sind wichtige Hinweise auf die hohe Ergebnisqualität schmerztherapeutischer Einrichtungen", folgert die Psychologin. Neben den diagnosespezifischen Besonderheiten seien auch alters-, geschlechts- und sozialstatusbezogene Unterschiede zu erwarten. Für diese und andere vertiefende Forschungsfragen stelle die in Berlin präsentierte Analyse zentraler soziodemographischer und schmerzbezogener Daten sowie die Bestimmung psychometrischer Kennwerte der QUAST-Analysestichprobe die Ausgangsbasis dar.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft - idw
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)