06.03.2005
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Bundesverband
FinanzTipp 04/2005
Neues Gesetz: Schritt für Schritt zum gläsernen Bankkunden.
Wenn am 1. April 2005 das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit in Kraft tritt, werden die Bankkunden wieder ein Stück gläserner. Das Bundesamt für Finanzen (BfF) kann dann automatisch ermitteln, wer bei welchen Banken wie viele Konten oder Wertpapierdepots unterhält. Jetzt befürchten Experten, dass durch die automatisierte Kontenabfrage auch Sozialbehörden oder Gerichte jederzeit Einblick in die finanziellen Verhältnisse bekommen. AWD-FinanzTipp verrät, was auf Sie zukommt und wann das Finanzamt Verdacht schöpft.
Für welche Daten sich die Behörden interessieren
Schon seit 2003 muss jede Bank die Stammdaten aller Konten und Depots elektronisch aufbereiten und zum Online-Abruf durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung zur Verfügung stellen. Im Einzelnen sind das: Konto- oder Depotnummer, Tag der Eröffnung oder Auflösung, Namen und Geburtsdatum des Inhabers sowie die Verfügungs- und die wirtschaftlich Berechtigten. Ursprünglich sollte dieser Datenpool dazu dienen, illegale Geldströme im Rahmen der Anti-Terror-Maßnahmen nachvollziehen zu können.
Weder Bank noch Bankkunde können sich gegen eine Kontoabfrage wehren. Per Gesetz ist geregelt, dass weder die Banken noch ihre Kunden von der Abfrage erfahren dürfen. Bleibt die Abfrage ergebnislos, kann der Bürger daher keine Schritte einleiten. Ergeben sich dagegen Anhaltspunkte für verschwiegenes Vermögen, wird regelmäßig weiter ermittelt.
Welche Ämter vom Kontoabrufverfahren profitieren
Ab 1. April 2005 kann jedes Finanzamt über das Bundesamt für Finanzen diesen Datenpool einsehen. Über eine Anfrage können auch Behörden wie die Bundesagentur für Arbeit oder Sozialämter das Datum der Kontoerrichtung oder -auflösung sowie die Inhaber mit Anschrift und Geburtsdatum herausbekommen. Informationen über Kontostände und -bewegungen können offiziell hingegen nicht abgerufen werden. Allerdings können die Auskünfte erweitert werden, wenn der Kontoinhaber möglicherweise falsche Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen gemacht hat.
Wann das Finanzamt Verdacht schöpft
Fahnder und Betriebsprüfer haben zahlreiche Quellen, die sie bei ihrer Suche nach versteckten Vermögenswerten nutzen können:
Transfer ins Ausland
Wer zum Beispiel Geld in größeren Beträgen abhebt oder sein Konto auflöst, um Vermögen ins Ausland zu bringen, riskiert Entdeckung, denn der Zoll meldet den Steuerbehörden, wenn mehr als 15.000 Euro Bargeld gefunden werden.
Auch wer Geld von einer deutschen Bank oder Sparkasse auf ein dem Finanzamt nicht bekanntes ausländisches Konto überweist, darf sich nicht wundern: Über Kontenabfragen bleiben dem Fiskus auch solche Transaktionen nicht verborgen.
Ertragsaufstellung der Banken
Seit Jahresbeginn müssen die Banken und Sparkassen ihren Kunden eine Ertragsaufstellung aller in einem Jahr angefallener Zinsen, Dividenden und Kursgewinne oder -verluste zusenden. Seit Anfang 2005 werden diese Formulare erstmals mit den Angaben für 2004 verschickt. Diese Ertragsaufstellung müssen Sie auf Anfrage an Ihr Finanzamt weiterleiten, da Sie zur Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verpflichtet sind. Haben Anleger bislang keine Kapitaleinkünfte angegeben, werden die Finanzbeamten misstrauisch. Jährliche Steuererklärung
Das Einreichen der Belege bei der jährlichen Steuererklärung ist für das Finanzamt eine unerschöpfliche Datenquelle. Verdächtig ist beispielsweise, wenn ein Steuerzahler geringe Kapitaleinkünfte angibt, aber hohe Kosten für Vermögensberatung absetzen will. Befinden sich zum Beispiel auf Telefonrechnungen, die als Beleg für Dienstgespräche eingereicht werden, auch Rufnummern von Online-Brokern, kann das als Hinweis auf geheime Depots gewertet werden. Fingierte Rechnungen
Mit dem elektronischen Datenpool fahnden Finanzbeamte vor allem nach Unternehmern im Zusammenhang mit Umsatzsteuerbetrügereien. Dabei werden Scheinfirmen ebenso im Datenpool aufgelistet wie grenzüberschreitende Kfz-Lieferungen oder Fälle mit fingierten Rechnungen. Ins Raster können dann auch Personen geraten, mit denen Verdächtige häufig Geschäfte machen. Recherche im Internet
Im Internet haben die Fahnder zum Beispiel Händler im Visier, die bei Online-Auktionen aktiv sind, aber keine Umsätze angeben. Unterstützt werden die Beamten von einer Online-Suchmaschine, welche die Verkaufsportale systematisch nach Anhaltspunkten für gewerbliches Treiben durchforstet. Das Programm stellt Querverbindungen zwischen An- und Verkäufern her und gleicht Daten mit den Behörden ab. Wegfall des Bankgeheimnisses im Todesfall
Banken, Standesämter und Gerichte melden dem Finanzamt alle Vermögens- und Finanzverhältnisse, denn nach dem Tod gilt das Bankgeheimnis nicht mehr. Nachlassgerichte übermitteln Abschriften von Testamenten. So können schnell Hinweise auf Schließfächer und Auslandskonten ans Licht kommen. Die Kreditinstitute melden die Kontostände und die bis dahin aufgelaufenen Erträge, und bei Depots listen die Banken sämtliche Wertpapiere auf.
Auszahlung von Versicherungsleistungen
Die Gesellschaften teilen dem Finanzamt mit, wenn Versicherungsleistungen an den Versicherungsnehmer aber auch an Verwandte oder Dritte ausgezahlt werden. Erfolgt die Auszahlung zum Beispiel als Rente, erfahren die Beamten auch den Jahresbetrag und die Laufzeit der Leistung.
Nebeneinkünfte von Rentnern
Wegen der Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung von Altersbezügen geraten auch Rentner ins Visier: Ab 2004 überwacht eine Zentralstelle bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Zahlungen an Ruheständler. Gesetzliche Rentenkassen, private Versicherer, Pensionsfonds und -kassen müssen dort jährlich die Überweisungen melden. Durch die Kontrollen fallen Rentner auf, deren Bezüge über dem steuerfreien Grundfreibetrag von 7.664 Euro liegen. Sie müssen dann Steuern zahlen, auch auf Nebeneinkünfte wie beispielsweise Miet- oder Zinseinnahmen.
Wer Geld im Ausland parkt, zahlt Steuern
Die Schweiz, Österreich, Luxemburg und Belgien können voraussichtlich ab Mitte 2005 eine Quellensteuer erheben, statt Kontrollmitteilungen an die Heimatbehörden des ausländischen Bankkunden zu verschicken. Das jeweilige Land behält von den Zinserträgen eines ausländischen Anlegers 15, ab 2008 bereits 25 und ab 2011 sogar 35 Prozent. Drei Viertel dieser Steuer werden zwar anonym an den ausländischen Fiskus abgeführt, das ändert aber nichts daran, dass Sie Zinsen und Dividenden Ihrem Finanzamt mitteilen müssen. Die meisten anderen EU-Länder könnten ab Mitte 2005 automatisch Kontrollmitteilungen über Zinseinnahmen verschicken. Dann stellt sich schnell heraus, welche Einnahmen Sie dem Finanzamt verschwiegen haben.
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