Physiotherapeuten müssen Heilmittelverordnungen prüfen
Die zuständigen Richter des 1. Senats im Bundessozialgericht (BSG) gehen davon aus, dass Physiotherapiepraxen verpflichtet sind, unvollständige oder nicht plausible Verordnungen zu prüfen. Damit entschied das Gericht im Verfahren des ZVK gegen die AOK Baden-Württemberg entgegengesetzt zu den Urteilen der Instanzgerichte.
"In der berufspolitischen Arbeit müssen manche Rahmenbedingungen wie im aktuellen Beispiel die Prüfpflicht von Heilmittelverordnungen gelegentlich über Gerichtsurteile geklärt werden. Das schafft in strittigen Fragen Klarheit für alle Beteiligten. Immerhin bearbeiten unsere Praxen jährlich rund 30 Millionen Verordnungen", betont der Geschäftsführer des ZVK und Rechtsanwalt Heinz Christian Esser.
Das BSG hatte erstmals über die Frage zu entscheiden, ob Berufsverbände als Quasi-Tarifpartner die Krankenkassen bei Verstößen gegen Rahmenverträge verklagen können. Dies hat das BSG nun bejaht und die Rechtsauffassung des ZVK bestätigt. Leider haben sich die Richter im Grundsatz auch für eine Prüfpflicht ausgesprochen, ohne sich konkret zu deren Grenzen zu äußern. Die Verpflichtung ergebe sich aus der besonderen Verantwortung der Praxisinhaber für eine wirksame und wirtschaftliche Leistungserbringung (§ 2 Abs. 4 SGB V) sowie der Bindung an die Heilmittelrichtlinien (§ 91 Absatz 6 SGB V). Hiernach gilt der Inhalt der Heilmittelrichtlinien auch unmittelbar gegenüber den Leistungserbringern und ist von diesen zu beachten.
Zu der Frage, in welchem Umfang die Heilmittelrichtlinien durch den Leistungserbringer dabei zu beachten sind, hat das Bundessozialgericht in seiner mündlichen Urteilsbegründung nicht Stellung genommen. Ob der Leistungserbringer also verpflichtet ist, die ärztliche Verordnung auf inhaltliche Fehler zu überprüfen, oder ob lediglich die formellen Voraussetzungen zu prüfen sind (also, ob die Verordnung die nach den Heilmittelrichtlinien erforderlichen Informationen enthält), bleibt zunächst weiter unklar. Unklar bleibt auch, ob und inwieweit z.B. durch vertragliche Regelungen (also die Rahmenverträge) Prüfpflichten ausgeschlossen werden können.
Sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, wird der ZVK seine Mitglieder detaillierter informieren, insbesondere zu der Frage, welche Bedeutung, abweichende Regelungen zur Prüfpflicht in den Rahmenverträgen zukünftig noch haben.