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22.03.2006 – Bundesverband

Richtgrößen

Radikale Verweigerung von Heilmittelverordnungen bedroht die freiberufliche Existenz
Seit einiger Zeit gibt es Richtgrößen von Hamburg, Schleswig Holstein bis Baden-Württemberg, von Sachsen bis Nordrhein-Westfalen. Die Kolleginnen und Kollegen der freien Praxen werden mit einer massiven Einschränkung der Verordnungsmenge durch die Ärzteschaft konfrontiert. Die Geschäftsstellen der Landesverbände sehen sich einer immensen Anzahl von telefonischen, elektronischen und postalischen Anfragen gegenüber. Die Bearbeitungskapazitäten werden teilweise weit über das Normale beansprucht. Regionale Veranstaltungen, Demonstrationen oder interdisziplinäre Qualitätszirkel werden von den Kolleginnen und Kollegen vor Ort, bei Bedarf mit Unterstützung der Landesverbände initiiert. Was sind Richtgrößen? Die Richtgröße definiert den Betrag, der für die Arznei- und Verbandsmittelversorgung sowie für Heilmittel des einzelnen Patienten je Quartal zur Verfügung steht. Für welche Kassen gelten Richtgrößen? Richtgrößen gelten nur für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen, also Primär- und Ersatzkassenversicherte. Sie gelten nicht für Versicherte der \"Sonstigen Kostenträger\" wie Sozialhilfeempfänger mit einem Behandlungsausweis der Behörde, Post, freie Heilfürsorge, Bundeswehr usw. In den Richtgrößen sind die Kosten für Arznei-, Verband- bzw. für Heilmittel enthalten. Praxisbesonderheiten Wenn sog. Praxisbesonderheiten vorliegen, dann werden diese Verordnungen nicht dem Richtgrößenvolumen zugerechnet. Praxisbesonderheiten können dadurch entstehen, dass nachweislich in einer ärztlichen Praxis Diagnosen behandelt werden, die im Vergleich zu anderen Praxen überdurchschnittlich hoch sind. Des Weiteren können die KVen bestimmte Diagnosen, wie z.B. in Nordrhein als Praxisbesonderheiten einstufen, die somit nicht in das Richtgrößenvolumen fallen. Für Kinder mit folgenden Indikationen werden die Kosten u.a. für die Physiotherapie / Krankengymnastik als Praxisbesonderheitgemäß § 5 Abs. 1 der Heilmittelvereinbarung 2006 anerkannt:
  • Hemiparese, spastische Di- oder Tetraplegie, Mehrfachbehinderung- Komplexe zerebrale Dysfunktion bei Krankheiten der ICD-10-Codierungen: G10, G11, G12, G13, G80, zerebrale Anfallsleiden oder neurodegenerative bzw. metabolische bzw. muskuläre Systemerkrankung
  • Chronische Psychose (Manie, Depression, Schizophrenie)
  • Autismus- Mukoviszidose- Erworbene und/oder angeborene schwere geistige und/oder körperliche Behinderung
  • Palliativmedizinische Betreuung- Chronische Niereninsuffizienz (Patienten mit einer dauerhaften endogenen Kreatinin-Clearance von unter 20 ml/min)
  • Ziel der Richtgrößen Das eigentliche Ziel der Richtgrößen sollen Einsparungen bei der Verordnung von Heilmitteln im Bereich der GKV sein, ohne dabei auf die medizinische Notwendigkeit zu verzichten und die Wirtschaftlichkeit zu vernachlässigen. Wo liegt das Problem der Richtgrößen? Wenn die Ärzte die vereinbarten Richtgrößen um mehr als 25 Prozent überschreiten, wird ein Prüfverfahren eingeleitet, das mit einem nicht unerheblichen Regress enden kann. Die Angst vor Regressen führt auf Seiten der Ärzte zu mehr oder weniger starken Verordnungsrestriktionen. Dass dieses Verhalten im Gegensatz zum ärztlichen Sicherstellungsauftrag steht und auf dem Rücken der Patienten und den Heilmittelerbringern ausgetragen wird, darf als äußert problematisch angesehen werden. Fazit Der ZVK unterstützt seit langem die notwendige Wirtschaftlichkeit im Bereich des Gesundheitswesens und im Besonderen im Bereich der Heilmittel. Krankenkassen wie auch die KV, die sich für die Größenordnung der Heilmittelrichtgrößen verantwortlich zeigen, sind aufgefordert hier dringend nachzubessern und das erforderliche Volumen zu überdenken, bevor es zu nicht wieder gut zu machenden Schäden bei den Patienten und Kollegen kommt. Es gibt einen Heilmittelkatalog, der genau beschreibt was, wann und wie zu verordnen ist. Richtgrößen stehen hier in krassem Gegensatz.