12.10.2005
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Bundesverband
Welt - Rheuma - Tag am 12. Oktober 2005
Bundesweite Kooperation zur Früherkennung von Rheuma / Zertifizierung des Schulungsmoduls „Gelenkschwellung“
In einer bisher einmaligen bundesweiten Kooperation haben die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie, die Patienten-Organisation Deutsche Rheuma-Liga, der Deutsche Hausärzteverband und der Berufsverband der Rheumatologen ein innovatives Schulungsmodul für Hausärzte zur Früherkennung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen entwickelt.
Früherkennung ist wichtig
\"Unser Hauptanliegen bei der Entwicklung der Fortbildungsinhalte ist es, die frühe Erkennung einer Arthritis zu beschleunigen und durch effiziente Kommunikation und Kooperation zwischen Hausärzten und Rheumatologen das Behandlungsergebnis für Patienten mit chronischer Polyarthritis zu verbessern,\" erläutert Professor Dr. med. Ekkehard Genth von der Fortbildungsakademie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) das außergewöhnliche Konzept anlässlich des Welt-Rheuma-Tages 2005. Ziel der Fortbildung ist es unter anderen, Hausärzten einfache Parameter zur ersten Diagnostik an die Hand zu geben. Dauert es heute noch zirka 1,6 Jahre, bis ein Patient mit einer chronischen Polyarthritis in die fachärztliche Mitbetreuung kommt, wird nun eine Reduzierung auf bis zu sechs Wochen von der ersten Diagnose des Hausarztes bis zur Überweisung an den Spezialisten angestrebt.
Erstmals werden die Seminare bundesweit durch die Integration geschulter Patienten unterstützt. \"Wir unterrichten derzeit in acht Landesverbänden der Rheuma-Liga Mitglieder, die bereit sind, an den hausärztlichen Fortbildungen als Expertinnen aus Betroffenheit mitzuwirken,\" bestätigt Marion Rink, Vorstandsmitglied des Deutschen Rheuma-Liga Bundesverbands e.V. So können Hausärzte in den Seminaren Gelenke von Betroffenen anschauen, betasten und unmittelbare Rückmeldungen erhalten.
Das Schulungsmodul \"Leitsymptom Gelenkschwellung\" ist Teil des Projekts \"Gute Versorgung von Anfang an\", das vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung gefördert wird. Es wurde bereits Ende 2004 in Pilotveranstaltungen erprobt und Anfang September 2005 vom Institut für hausärztliche Fortbildung zertifiziert. Ab Oktober 2005 starten die Seminare im Hausärzteverband. Ziel ist es, jährlich bis zu 5.000 Hausärzten diese Weiterbildung zu ermöglichen.
Versorgung von Patienten ist unzureichend
Hintergrund für die gelungene Zusammenarbeit ist die gemeinsame Erkenntnis, dass die Versorgung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen in Deutschland immer noch unzureichend ist, insbesondere außerhalb von Ballungszentren. Die heutigen Möglichkeiten, durch frühe Diagnosestellung und rechtzeitige Therapie gravierende Folgeerscheinungen einer rheumatoiden Arthritis (chronischen Polyarthritis) oder einer Bechterewschen Erkrankung zu vermeiden, würden vielfach nicht umgesetzt.
Auch heute dauert es durchschnittlich noch 1,6 Jahre, bis ein Patient mit einer rheumatoiden Arthritis in die fachärztliche Mitbetreuung kommt, bei der Bechterewschen Erkrankung sind es in der Regel fünf bis sieben Jahre. In dieser Zeit nimmt die Krankheit ungebremst ihren zerstörerischen Verlauf, mahnt die Deutsche Rheuma-Liga, ohne dass wirksame Therapien zum Einsatz kommen. Generell gelte es, alle Bausteine der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung und Rehabilitation miteinander noch besser zu vernetzen. Strukturen integrierter Versorgung werden nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in ersten Rheumazentren bereits umgesetzt.
Bei Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis sollte innerhalb von drei Monaten eine krankheitsmodifizierende Therapie begonnen werden. Das Fortbildungsmodul wurde auf der Grundlage der Leitlinie Gelenkschwellung und der Leitlinie zum Management der frühen rheumatoiden Arthritis konzipiert, die von der DGRh herausgegeben wurden.
Alle Bausteine sollten gezielt in eine kontinuierliche Versorgung und Rehabilitation integriert werden und alle Elemente eines multidisziplinären Teams enthalten. Innovative Versorgungsmodelle unter Einbeziehung rheumatologischer Kliniken oder klinischer Fachabteilungen sind hier durch Schaffung von Strukturen integrierter Versorgung denkbar und politisch gewollt; sie werden in ersten Rheumazentren in Deutschland auch schon umgesetzt. Erklärtes Ziel ist es, dass Patienten ohne wesentliche Funktionseinschränkung in eine dauerhafte Remission ihrer rheumatischen Erkrankung gebracht werden.
Bei Rheuma werden aufwendige Therapien notwendig
Neun Millionen Menschen, darunter viele junge Leute, leiden in Deutschland auf Dauer an Schmerzen im Bewegungsapparat. Muskel- und Skeletterkrankungen stehen in der Kostenpyramide des deutschen Gesundheitswesens an dritter Stelle. Entzündliche rheumatische Erkrankungen treffen Menschen im mittleren Alter besonders hart. 30 Prozent der an rheumatoider Arthritis Erkrankten und 20 Prozent der Bechterew-Betroffenen sind frühberentet. Ohne eine aufwendige Therapie mit Medikamenten, ständige Krankengymnastik, Ergotherapie, Patientenschulung und gelenkerhaltende Maßnahmen ist die Beweglichkeit oft nicht zu retten.
\"Rheuma\" ist ein Oberbegriff für Beschwerden, die durch Entzündungen, Verschleiß und Stoffwechselstörungen sowie durch funktionelle Störungen am Bewegungssystem ausgelöst werden. Insgesamt sind dies mehrere hundert verschiedene Leiden. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen Arthrose, rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew und nicht-entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen sowie Fibromyalgie.
Weitere Informationen unter
www.rheumanet.org/content/m1/Artikel1277.aspxx - DGRh Leitlinie zum Management der frühen rheumatoiden Arthritis