17.10.2006
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Bundesverband
34. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
Rheuma: Frauen häufiger betroffen aber schlechter versorgt
Frauen erkranken häufiger an Rheumatoider Arthritis (RA) als Männer. Die Krankheit verläuft bei ihnen zudem eher schwerer. Trotzdem erreichen sie später die spezialisierte rheumatologische Versorgung als Männer. Woher diese geschlechtsbedingten Unterschiede kommen und welche Rolle das Geschlecht der Patienten auch bei der Behandlung spielt, erörtern Experten im Rahmen des 34. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der vom 18. bis 21. Oktober 2006 in Wiesbaden stattfindet.
Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung und betrifft knapp ein Prozent der Bevölkerung. Typische Symptome sind Schmerzen und Schwellungen der Fingergelenke. Im weiteren Verlauf befällt die Krankheit weitere Gelenke und mitunter auch innere Organe. Frauen erkranken etwa dreimal häufiger als Männer. Die Erkrankung beginnt meist im Alter von 50 bis 70 Jahren. Aber auch junge Menschen können daran erkranken: Etwa 15 Prozent vor dem 40. Lebensjahr. Unter diesen jungen Erkrankten sind Frauen viermal häufiger vertreten als Männer. Nach den Daten des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums leiden Frauen stärker unter Schmerzen und Funktionseinschränkungen und schätzen ihren Gesundheitszustand deutlich schlechter ein als Männer. Trotzdem werden sie zurückhaltender medikamentös behandelt - möglicherweise aus größerer Sorge vor Nebenwirkungen.
Ursache einer Rheumatoiden Arthritis sind vermutlich fehlgeleitete Zellen des Immunsystems. Sie greifen gesunde Körperzellen in den Gelenken an und setzen so Entzündungsprozesse in Gang. Bei Frauen funktioniert das Immunsystem jedoch anders als bei Männern. So fällt zum Beispiel die Antwort der körpereigenen Abwehr auf einen äußeren Reiz bei ihnen grundsätzlich stärker aus. Einen weiteren Ansatz sehen Wissenschaftler im unterschiedlichen Hormonstatus der Geschlechter. \"Es gibt eine Vielzahl von Hinweisen, dass weibliche Hormone Autoimmunkrankheiten fördern\", erläutert Privatdozentin Dr. med. Gabriela Riemekasten von der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie der Berliner Charité, Campus Mitte. Östrogene haben Studien zufolge einen eher ungünstigen Einfluss auf die Rheumatoide Arthritis.
Wissenschaftler entdeckten jedoch auch, dass sich weibliche Hormone - auch Östrogene - positiv auf die Erkrankung auswirken können. Frauen, die hormonell verhütet haben, erkranken zum Beispiel halb so oft an einer RA wie Frauen, die nicht die \"Pille\" eingenommen haben. Auch eine Östrogentherapie in den Wechseljahren führte bei RA-Patientinnen zu weniger Schmerzen, geringeren Entzündungsparametern und einem besseren Lebensgefühl. Das männliche Geschlechtshormon Testosteron beeinflusst ebenfalls den Verlauf der RA. \"Wahrscheinlich ist eine Autoimmunität wie bei der Rheumatoiden Arthritis jedoch nicht auf die Störung eines einzelnen Hormons, sondern auf eine Dysbalance verschiedener Hormone zurückzuführen\", erläutert die Rheumatologin Riemekasten.
\"Medikamentenstudien bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis weisen leider selten die Ergebnisse von Männern und Frauen getrennt aus\", bedauert Professor Dr. med. Angela Zink vom Forschungsbereich Epidemiologie am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) in Berlin. Eine für geschlechtsspezifische Unterschiede sensible medizinische Versorgung sei jedoch geeignet, Über-, Unter- und Fehlversorgung zu verringern. Auf dem Kongress der DGRh in Wiesbaden diskutieren die Experten immunologische Hintergründe und Ursachen für die unterschiedliche Krankheitsmanifestation und Versorgung von Frauen und Männern mit Rheumatoider Arthritis./idw