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19.02.2020

Antidiskriminierungsgesetz: Richtiges Verhalten bei der Mitarbeitersuche Teil 2

In Zeiten des Fachkräftemangels sind Bewerbungen rar geworden. Trotzdem sollten auch bei einer geringen Zahl vorliegender Bewerbungsunterlagen bestimmte Maßstäbe berücksichtigt werden, um ein rechtssicheres Einstellungsverfahren durchzuführen. Welche das sind und wie Sie sich am besten in einem Bewerbungsgespräch verhalten, zeigen wir Ihnen im heutigen Artikel.

Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verbietet eine Diskriminierung von Menschen aufgrund von Alter, Herkunft, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung. Sie sollten daher über alle Stufen des Einstellungsprozesses nachweisen können, dass Sie ein neutrales Verfahren durchführen, das keinen Bewerber benachteiligt. Im Rahmen der Vorauswahl kann das zum Beispiel durch eine klare qualifikationsorientierte Stellenbeschreibung erfolgen. Dazu notieren Sie sich intern auf einer Liste alle erforderlichen und erwünschten Anforderungen an die jeweiligen Bewerber. Diese sollten Sie kritisch hinterfragen und jede für sich auf ihre Sachlichkeit überprüfen. Belassen Sie nur diejenigen Kriterien auf der Liste, die objektiv für die jeweilige Stelle erforderlich sind.

Fallbeispiel: Sie suchen Physiotherapeuten für die Durchführung von Hausbesuchen in einem Seniorenheim, ein wichtiges Kriterium auf Ihrer Stellenbeschreibungs-Liste ist die terminliche Zuverlässigkeit der Bewerber. Es bewerben sich eine alleinerziehende Mutter und ein Berufsanfänger ohne Familie bei Ihnen. Aus Ihrer Erfahrung heraus, vermuten Sie, dass die alleinerziehende Mutter ein höheres Ausfallrisiko birgt und möchten daher nur den Berufsanfänger zum Vorstellungsgespräch einladen. Nach dem Gleichstellungsgesetz würde dies als Benachteiligung gelten! Nur dann, wenn die Alleinerziehende während der Arbeitszeit keine Betreuung für ihr Kind hat, gäbe es einen objektiven Grund, sie bereits im Vorfeld abzulehnen.

Ganz sicher gestalten Sie den Bewerbungseingang, wenn Sie den Einstellungsprozess so weit wie möglich anonymisieren. Eine gute Möglichkeit dazu bieten Online-Formulare, die zunächst nur die Kompetenzen, Qualifikationen und Motivation der Bewerber erfassen. Das erspart Ihnen und Ihren Bewerbern nicht nur lästigen Papierkram, sondern zeigt auch, dass Sie Wert auf Chancengleichheit legen. Auch im folgenden Vorstellungsgespräch müssen Sie die Grundsätze des AGG stets im Hinterkopf behalten. Denn unzulässige Fragen können Bewerber ablehnen oder wissentlich falsch beantworten, um keine Nachteile zu erfahren. In der folgenden Aufzählung finden Sie einige Fragetypen, auf die Sie im Bewerbungsgespräch verzichten sollten:

  • Fragen nach der Herkunft oder Muttersprache, z.B. „Woher stammen Sie/Ihre Eltern?“, „Ist Deutsch Ihre Muttersprache?“, „Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?“
    Erlaubt sind hingegen Fragen nach der Einschätzung der Sprachkenntnisse oder über den Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis-Status.

  • Fragen nach der Geschlechtsidentität, z.B. „Sind sie ein Mann oder eine Frau?“
    Bei Transidenten Menschen können Sie dagegen fragen, mit welchem Personalpronomen sie angesprochen werden möchten.

  • Fragen nach der familiären Situation, z.B. „Sind Sie verheiratet?“, „Was macht Ihr Partner*in beruflich?“, „Haben Sie Kinder oder einen Kinderwunsch?“, „Sind Sie schwanger?“, „Sind Ihre Angehörigen pflegebedürftig?“
    Prüfen Sie die Einsatzbereitschaft Ihrer Bewerber besser mittels Fragen nach Überstunden, zeitlichen Einsatzmöglichkeiten oder der Bereitschaft zu Hausbesuchen.

  • Fragen zu Behinderung und chronischen Krankheiten, z.B. „Leiden Sie an einer chronischen Krankheit?“, „Wie steht es um Ihre Gesundheit?“
    Beschreiben Sie besser ausführlich, welche körperlichen Anforderungen auf den Bewerber zukommen und fragen Sie ihn, ob er sich dem gewachsen fühlt.

Fazit: Je mehr Sie innerhalb des Einstellungsverfahrens auf objektive Auswahlkriterien achten, umso sicherer sind Sie auf der rechtlichen Seite. Das AGG gilt jedoch nicht nur im Einstellungsprozess, sondern während des ganzen Arbeitslebens. Sie sollten also gerade bei Neueinstellungen immer wieder die Gelegenheit nutzen, Ihr Team für Gleichstellung zu sensibilisieren und mögliche Vorurteile frühzeitig abzubauen. Haben Sie Fragen zum Antidiskriminierungsgesetz oder Kommentare? Schreiben Sie uns an socialmedia(at)physio-deutschland.de