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28.06.2006 – Bundesverband

Europas Physiotherapeuten tagen in Sibenik/Kroatien

Der europäische Dachverband kann auf eine erfolgreiche Arbeit in der abgelaufenen Legislaturperiode zurückblicken.
Die diesjährige Generalversammlung des Dachverbandes der europäischen Physiotherapeuten (European Region of the World Confederation of Physical Therapy) wurde vom kroatischen Berufsverband in Sibenik ausgerichtet. Der Vorsitzende, Antonio Lopes (Portugal), konnte 270 Delegierte aus 31 Mitgliedsorganisationen begrüßen. In seinem Rechenschaftsbericht betonte er den hohen Stellenwert des europäischen Dachverbandes als das Sprachrohr der Physiotherapeuten in Europa. Die Schwerpunkte der Aktivitäten lagen im abgelaufenen Geschäftsjahr bei den Beratungen 1. zu der Reform der Regelung zur Anerkennung von Berufsqualifikationen 2. der Dienstleistungs-Richtlinie 3. der Leitlinienentwicklung Reform der Regelung zur Anerkennung von Berufsqualifikationen Die Kommission hat eine Reform zur Regelung der Anerkennung von Berufsqualifikationen mit dem Ziel herbeigeführt, einen Beitrag zur Flexibilität der Arbeitsmärkte zu leisten und damit eine weitergehende Liberalisierung der Erbringung von Dienstleistungen zu ermöglichen. Sie versteht ihre Initiative als einen wesentlichen Beitrag zur Beschäftigungspolitik innerhalb der europäischen Gemeinschaft. Die Liberalisierung soll erreicht werden, indem ein stärkerer Automatismus bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen gefördert und die dazugehörigen Verwaltungsverfahren vereinfacht werden sollen. Das Ziel war es, die bestehenden 15 Richtlinien zur Anerkennung von Berufsabschlüssen zu einer einzigen Richtlinie zusammenzufassen. Diese Herkulesaufgabe hatte zur Folge, dass viele Gespräche geführt werden mussten. Der Dachverband stand in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission und den zuständigen Direktoraten sowie den Fraktionen und Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Auch für den ZVK hatte dies herausragende Bedeutung, weil er als die berufsständische Vertretung der deutschen Physiotherapeuten auf internationaler Ebene darauf zu achten hatte, dass die deutschen Physiotherapeuten gegenüber der bisherigen Regelung nicht schlechter gestellt werden. Dies konnte erreicht werden. Trotzdem ist Deutschland nach wie vor das Schlusslicht in Europa, was den Standard und das Niveau der im Berufsgesetz geregelten Ausbildungseinrichtung (Fachschulniveau) betrifft. Das Europäische Parlament und der Rat haben die neue Anerkennungs-Richtlinie im September 2005 beschlossen. Danach werden die bisherigen 15 Richtlinien aufgehoben und nach Ablauf der Umsetzungsfrist der neuen Richtlinie am 20. Oktober 2007 in Kraft treten. Die Richtlinie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedsstaates, die als selbstständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben wollen, als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben. Die Anerkennung der Berufsqualifikation ermöglicht den Betroffenen im Aufnahme-Mitgliedsstaat den Zugang zu dem Beruf, für den er qualifiziert ist. Die Ausübung des Berufs muss unter den gleichen Voraussetzungen erfolgen, die für die Angehörigen des Aufnahmemitgliedsstaates gelten, wenn der betreffende Beruf dort reglementiert ist. Dies ist für Physiotherapeuten der Fall. In allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union handelt es sich bei dem Beruf des Physiotherapeuten um einen reglementierten Beruf. Der bisherige Anerkennungsmechanismus ändert sich grundsätzlich nicht. Da auch zukünftig die Mindestanforderungen an die Ausbildung nicht harmonisiert werden, hat der Mitgliedsstaat, in dem die Aufnahme beantragt wird, die Möglichkeit, Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben. Die Richtlinie schreibt zwar vor, dass diese Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen sollen und insbesondere die Berufserfahrung des Antragstellers zu berücksichtigen ist. Die Erfahrungen gerade für deutsche Physiotherapeuten in den vergangenen Jahren haben jedoch gezeigt, dass dies in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich, d. h. auch restriktiv, ausgelegt wird. Allerdings, so berichtete Antonio Lopes, gibt es eine Regelung, die bisher in den Anerkennungsrichtlinien nicht enthalten war. Die Richtlinie sieht jetzt die Möglichkeit vor, dass die auf nationaler und europäischer Ebene repräsentativen Berufsverbände gemeinsame Plattformen schaffen und in diesen Plattformen Ausgleichsmaßnahmen festlegen können. Diese sollen geeignet sein, wesentliche Unterschiede zwischen den Ausbildungsanforderungen auszugleichen. Auf diese Weise soll über die Plattform das Qualifikationsniveau im Beruf in angemessener Weise sichergestellt werden. Die Berufsverbände sind aufgerufen, von der Möglichkeit der Einrichtung einer solchen Plattform Gebrauch zu machen. Im Einzelnen wurde dieses Thema dann umfassend in einem separaten Workshop zur Diskussion gestellt. Dienstleistungs-Richtlinie Auch hier konnte der Vorsitzende berichten, dass insbesondere in den Gesprächen mit den Fraktionen und Abgeordneten des Europäischen Parlaments deutlich gemacht werden konnte, dass die Freizügigkeit von Dienstleistungen bei den Gesundheitsberufen einer besonderen Beachtung bedarf. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass eine Harmonisierung der Ausbildungsinhalte nicht angestrebt wird und der Schutz der Patienten gewährleistet sein muss. Leitlinienentwicklung Der Vorsitzende betonte, dass die Notwendigkeit, die Leitlinienentwicklung auf europäischer Ebene zu begleiten, zunehmend an Stellenwert gewinnt. Eine erste internationale Konferenz zu diesem Thema wird es im November 2006 in Amsterdam geben, wo angestrebt wird, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Entwicklung physiotherapeutischer Leitlinien in Europa zu installieren. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit des Vorstandes war die Durchsetzung des Antrages zur Aufnahme als Vollmitglied in das „Forum der Europäischen Kommission zur Gesundheitspolitik“. Das Ziel dieses Forums ist es, Dachorganisationen zusammenzubringen, die Beteiligte des Gesundheitswesens vertreten, um sicherzustellen, dass die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Union offen und transparent ist und dabei insbesondere den Interessen der Öffentlichkeit und damit den Bürgern Rechnung trägt. In diesem Forum soll ein umfassender Meinungs- und Erfahrungsaustausch geboten werden. Darüber hinaus will man die Umsetzung und Nachbereitung spezifischer Initiativen unterstützen, wie z. B. die Initiative zur Entwicklung von Präventions- und Gesundheitsförderungsprogrammen. Das EU-Forum zur Gesundheitspolitik kommt zweimal jährlich in Brüssel zusammen und prüft die verschiedenen Initiativen der Europäischen Kommission zur Gesundheitspolitik und entwickelt Empfehlungen wie z. B. Empfehlung zur Freizügigkeit der Gesundheitsberufe, Empfehlung zur Gesundheits- und Sozialpolitik etc. Antonio Lopes betonte, dass die Aufnahme des europäischen Dachverbandes als Vollmitglied in das Forum ein großer Erfolg des europäischen Dachverbandes ist und damit der Dachverband als die Stimme der Physiotherapeuten auf EU-Ebene anerkannt sei. Eine umfangreiche Tagesordnung hatten die Delegierten in einer dreitägigen Sitzung zu bewältigen. So wurden maßgebliche Dokumente als Positionspapiere beraten und verabschiedet, wie Migration Policy Document Health Policy Document Framework of Clinical Guidelines Education Policy, etc. Der europäische Dachverband kann auf eine erfolgreiche Arbeit in der abgelaufenen Legislaturperiode zurückblicken. 151.100 Mitglieder in 33 nationalen Mitgliedsverbänden sind im europäischen Dachverband organisiert. Der Vorstand erhielt einmütige Zustimmung für seine Arbeit und wurde mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Eckhardt Böhle Generalsekretär des ZVK