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08.09.2008 – Bundesverband

Gesundheitsfonds: Es wird teurer - Zusatzbeiträge bald für Alle?

Noch kennt niemand die Höhe des Einheits-Beitragssatzes der GKV-Krankenkassen ab 1.1.2009. Er dürfte innerhalb der Spanne von 15,5 % bis 16 % liegen - aus vielerlei Gründen.

Der gesundheitspolitisch heiße Herbst startet mit der Bekanntgabe eines deutlichen Defizits der gesetzlichen Krankenkassen von 940 Millionen EUr. Grund: In allen Bereichen steigen die Ausgaben schneller als die aufgrund der günstigen Lohn- und Beschäftigungsentwicklung wachsenden Einnahmen. Noch im September kommen Experten zusammen, um den wohl weiter steigenden Finanzbedarf der Kassen abzuschätzen. Auf dieser Basis legt die Bundesregierung in den nächsten zwei Monaten den erstmals einheitlichen Beitragssatz für den im Januar startenden Gesundheitsfonds fest.

Großer Honorarzuschlag für die Ärzte - bald auch für die Kliniken?

Nach der jüngsten Vereinbarung über 2,7 Milliarden Euro mehr für die Ärzte ab 2009 stehen auch Entscheidungen über eine deutliche Finanzspritze für die Krankenhäuser unmittelbar bevor. Vor der Anhörung über einen Referentenentwurf zur Reform der Klinikfinanzierung forderten Ärztekammer und Krankenhausgesellschaft eine wirksame Therapie. Ihre Diagnose lautet: knapp sieben Milliarden EUR Defizit. Für Freitag hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt(SPD) ihre Länderkollegen zu weiteren Beratungen geladen. Der Hauptstreitpunkt: Schmidts Ziel zu verpflichteten Mehrleistungen der Länder für die teils klammen Kliniken.

Dauerbrenner Arzneimittel: 6,4 % Kostensteigerung im ersten Halbjahr

Zweifelhaft ist auch, ob der andauernde Kostenanstieg bei den Arzneimitteln wirksam abgebremst werden kann, wie es das Schmidt- Ressort erneut fordert. In den ersten sechs Monaten gab es allein in diesem Bereich ein Plus von absolut 6,4 Prozent. Experten zweifeln daran, dass die derzeit vorbereitete schärfere Nutzen-Bewertung neuer, teurer Mittel schnell durchgreifende Entlastungen bringt.

Lohnnebenkosten werden ansteigen - weil der KV-Beitragteurer wird

Absehbar ist jedenfalls, dass nach den jüngsten Ausgabenschüben bei Ärzten, Kliniken und Arzneimitteln auch weiter mehr Geld für die Kassen gebraucht wird. Trotz aller Sorge vor steigenden Lohnnebenkosten dürfte die Regierung nicht umhinkommen, dies bei der anstehenden Verordnung über den Beitragssatz zu berücksichtigen.

Barmer-Chef Vöcking rechnet mit 15,5 % Einheitsbeitrag für 2009

Heute liegt der Durchschnittssatz bei 14,92 Prozent. Der Chef der Barmer-Krankenkasse, Johannes Vöcking, erneuerte jetzt seine Prognose eines künftigen Einheitssatzes von 15,5 Prozent. Welche der mehr als 200 Kassen dabei ab kommendem Jahr besser und welche schlechter abschneidet, ist derzeit noch Gegenstand wilder Spekulationen. Dies ist abhängig von einem weiteren zentralen Reformschritt, der jetzt noch umgesetzt wird.

BVA: Diagnosedaten von 70 Millionen Vesicherte werden verarbeitet

Beim Bundesversicherungsamt laufen dazu noch die Diagnose-Daten von 70 Millionen Versicherten durch Großrechner - bestimmt werden soll, welche Kasse im neuen Finanzausgleich wieviel aus dem Fonds bekommt. Schließlich erhalten die Kassen künftig Zuschläge für Mitglieder, die eine oder mehrere von 80 Krankheiten haben. Kritiker haben davor gewarnt, viele Kassen wollten ihre Versicherten künftig zumindest statistisch krank halten, um sich Zuschläge zu sichern.

Vöcking: "Der Gesunde bleibt das beste Risiko"

Barmer-Chef Vöcking weist das zurück: "Nach wie vor gilt, der Gesunde ist das bessere Risiko." Die Kassen würden also lieber gesunde oder gut versorgte Chroniker in ihren Reihen haben als schwerer Erkrankte. Auch das Bundesversicherungsamt geht davon aus, dass die neue Umverteilung von Beitragsmilliarden ausreichend gegen Manipulationen abgesichert ist, wie ein Experte des Amts in Berlin mit komplizierten Tabellen vorrechnete.

Zusatzbeiträge drohen - in zwei bis drei Jahren bereits Allen?

Kassen, die mit dem Beitrags- und Steuergeld aus Fonds und Finanzausgleich aber nicht auskommen, müssen künftig ihre Bilanz mit Zusatzbeiträgen allein von ihren Mitgliedern verbessern. Andernfalls können sie Geld ausschütten. Angesichts steigender Ausgaben erwartet Vöcking hier mittelfristig die wohl drastischsten Veränderungen für die Geldbeutel der Versicherten in den kommenden Jahren: "In drei bis vier Jahren werden alle dabei sein." Da sich eine künftige Bundesregierung demnach wohl eher scheut, hohe Einheitssätze bei den Beiträgen festzulegen, könnten also alle Kassen bei ihren Versicherten zusätzlich in die Tasche greifen müssen.

 Quelle: (dpa/Haufe Onlineredaktion)