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14.11.2005 – Bundesverband

Koalitionsvertrag von Union und SPD

Die Streichliste zahlreicher Vergünstigungen
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthält eine umfassende Streichliste. Die Kernpunkte des 190 Seiten starken Papiers im Folgenden: GESUNDHEIT: Keine Einigung bei der Koalition auf das Konzept einer Bürgerversicherung oder einer Kopfpauschale. Deswegen wurde die Reform verschoben. Eine Arbeitsgruppe soll bis Mitte 2006 ein Modell erarbeiten. Bei Arzneimitteln sollen die Krankenkassen zwei Milliarden Euro hauptsächlich zu Lasten der Pharmaindustrie sparen. Naturalrabatte werden verboten, Generikapreise gedrückt. Eine grundlegende Reform der Krankenkassenfinanzierung wird erst im Jahr 2006 angegangen. Die Gewährung von Naturalrabatten an Apotheker durch Pharmaunternehmen soll ausgeschlossen werden. Die Preise für Nachahmer-Arzneimittel sollen damit um fünf Prozent sinken. Die Preise für Medikamente werden für zwei Jahre eingefroren. PFLEGE: Der Beitragssatz von 1,7 Prozent soll vorerst nicht steigen. Konsens ist die Ausweitung der Pflegeleistungen zum Beispiel für Altersverwirrte. Offen ist, wie die Pflegekassen langfristig saniert werden sollen. Bis Sommer 2006 soll ein Gesetz zur Pflegeversicherung vorgelegt werden. MEHRWERTSTEUER: Die Mehrwertsteuer soll 2007 von 16 auf 19 Prozent steigen. Für Lebensmittel bleibt der ermäßigte Satz von 7 Prozent. Ledige mit Jahreseinkommen über 250 000 (Verheiratete 500 000) sollen ab diesem Betrag einen Zuschlag von 3 Prozent auf den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer zahlen (Reichensteuer). Eine Unternehmensteuerreform ist für 2008 angepeilt. Die Versicherungssteuer wird um drei Punkte auf 19 Prozent angehoben. Die Einnahmen sollen zur Senkung der Lohnnebenkosten sowie zur Konsolidierung der Haushalte von Bund und Ländern eingesetzt werden. ARBEITSMARKT: Das Arbeitslosengeld II wird künftig bundesweit einheitlich 345 Euro monatlich betragen. Damit wurde der bisherige Ost-Satz von 331 Euro angeglichen. Weniger Hartz IV für Jugendliche Das ALG II-Ost wird auf West-Niveau angehoben (345 Euro), bei Jugendlichen unter 25 soll das Vermögen der Eltern stärker angerechnet werden. Ich-AG und Überbrückungsgeld werden zusammengelegt. Geplante Einsparung: vier Mrd. Euro/Jahr. Zudem soll ein spezielles Förderprogramm Menschen ab 55 helfen, noch einen Job zu finden. Bei gewerblichen Mini-Jobs wird die pauschale Sozialversicherungsabgabe von 25 auf 30 Prozent erhöht. Der Kündigungsschutz wird gelockert: Die Probezeit wird bei Neueinstellungen auf 24 Monate ausgedehnt. Die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse ohne sachliche Gründe auf zwei Jahre zu befristen, wird gekippt. Existenzgründer können Befristungen bis zu 48 Monaten abschließen. Die Arbeitslosenversicherung soll um 2 Prozentpunkte sinken. Die Hälfte der Beitragsersparnis soll die Bundesagentur für Arbeit durch Kürzungen erwirtschaften. RENTE: Das Renteneintrittsalter wird ab 2012 schrittweise auf 67 Jahre angehoben (bis spätestens 2035). 45 Arbeitsjahre sollen zu einer abschlagsfreien Rente ab 65 berechtigen. Die Rentenbeiträge steigen von 2007 an von 19,5 auf 19,9 Prozent. Rentner müssen wegen eines »Nachholfaktors« mit weiteren Nullrunden rechnen. In der geförderten privaten Altersvorsorge steigt die Zulage für von 2008 an geborene Kinder auf 300 Euro. ELTERNGELD: Ab 2007 soll ein einkommensabhängiges Elterngeld eingeführt werden. Das Elterngeld wird für ein Jahr gezahlt und entspricht 67 Prozent des pauschalierten Nettoerwerbseinkommens (maximal 1.800 Euro pro Monat). Kindergeld soll künftig nur noch bis zum 25. Lebensjahr gezahlt werden. Bislang erhielten Kinder in Ausbildung bis zum 27. Lebensjahr die staatliche Unterstützung. Ab 2006 soll der Kinderzuschlag für Geringverdiener ausgebaut werden. Bis 2010 sollen 230 000 zusätzliche Betreuungsplätze entstehen. STREICHUNGEN: Ab 1. Januar 2006 wird die Eigenheimzulage gestrichen, die Pendlerpauschale (30 Cent pro Kilometer) wird erst ab dem 21. Kilometer gewährt. Nacht-, Feiertags- und Sonntagszuschläge bleiben steuerfrei. Allerdings müssen Beschäftigte ab 25 Euro Stundenlohn dafür Sozialversicherungsbeiträge abführen. Der Sparerfreibetrag wird ab 2007 auf 750 Euro (Ledige) bzw. 1500 Euro (Verheiratete) gesenkt. Kindergeld sowie der steuerliche Kinderfreibetrag sollen künftig nur noch höchstens bis zum 25. Lebensjahr gewährt werden (bisher bis 27 Jahre). Schulgeld: Abzugsmöglichkeiten für Schulgeldzahlungen an Privatschulen sollen wegfallen. WIRTSCHAFT: Die Unternehmensteuerreform soll ab 2008 greifen. Bis dahin sind verbesserte Abschreibungsbedingungen für Unternehmen im Umfang von 4,3 Milliarden Euro vorgesehen. 300 Millionen Euro sind für die Altbausanierung eingeplant. Mit einem 25-Mrd.-Euro-Investitionsprogramm soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Das Geld fließt in Verkehrsprojekte, Forschung, Gebäudesanierung. Die Abschreibungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Firmen sollen verbessert werden (Investitionsanregung). Zur Förderung des Handwerks sollen 20 Prozent der privaten Aufwendungen für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen begrenzt von der Einkommensteuer absetzbar sein. STEUER: Auf Sonn- und Feiertagszuschläge ab 25 Euro Stundenlohn müssen künftig Sozialabgaben gezahlt werden. Die Steuerfreiheit bleibt aber erhalten. Union und SPD haben sich außerdem auf eine so genannte Reichensteuer (250.000 Jahreseinkommen Ledige/500.000 Jahreseinkommen Verheiratete) geeinigt. Danach sollen hohe private Einkommen um drei Prozentpunkte höher besteuert werden, nicht aber Gewerbebetriebe. Für Aktionäre und Immobilien-Besitzer gilt vom 1. Januar 2007 an eine Pauschalsteuer von 20 Prozent auf Veräußerungsgewinne. Die alten Spekulationsfristen von einem Jahr für Wertpapiere und zehn Jahren für Immobilien werden abgeschafft. Die Kosten für Steuerberater sollen künftig nicht mehr von der Steuer absetzbar sein. FÖDERALISMUS: Die Kompetenzen von Bund und Ländern sollen entflochten werden. Die Zustimmung des Bundesrats zu Gesetzen soll künftig viel seltener nötig sein. Der Bund überlässt den Ländern in der Bildungspolitik weitgehend freie Hand. AUßENPOLITIK: Zum geplanten EU-Beitritt der Türkei einigten sich die Koalitionäre darauf, dass die seit 3. Oktober laufenden Verhandlungen nicht automatisch zu einer Mitgliedschaft führen dürften. Quelle: Agenturen