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16.02.2005

Krankenhäuser kämpfen ums Überleben

Droht eine Zwei-Klassen-Medizin?

In einem Vortrag der Bundesgesundheitsministerin vor der German Society der London School of Economics and Political Science (LSE) zum Thema: \"Wie nachhaltig wirkt ein marktwirtschaftlich basierter Ansatz für ein Gesundheitssystem?, hat sich Ulla Schmidt für einen begrenzten Wettbewerb im Gesundheitswesen ausgesprochen. Gesetzliche Krankenkassen müssten auch künftig das medizinisch Notwendige abdecken. Ein rein marktwirtschaftliches Gesundheitswesen sei nicht akzeptabel, so Schmidt. Gesundheit sei keine beliebige Handelsware und werde das auch nicht werden\", so Schmidt.

Dem könnten die Betreiber von Krankenhäuser sicherlich voll zustimmen. Denn Hunderte Krankenhäuser in Deutschland kämpfen um ihr Überleben. Klamme Kommunen stoßen Krankenhäuser ab. Nach einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI dürfte es in fünf Jahren bundesweit nur noch 1 900 Kliniken geben - das sind rund 300 weniger als heute. Die DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft) rechnet mit ähnlichen Zahlen. Der Grund: Die Mindestmengenregelung, wonach die Häuser nur solche Operationen vornehmen dürfen, bei denen ihre Ärzte durch hohe Fallzahlen über ausgiebige Routine verfügen. Das ist bei kleineren Häusern nicht erreichbar.

In Wiesbaden beispielsweise sind nach Angaben der DKG bislang rund 22 Prozent der Krankenhäuser in privater Hand. Doch die Einkaufstour der Klinik-Ketten ist noch nicht zu Ende. Bis 2010 wird der Anteil der privaten Betreiber nach Ansicht der DKG auf 30 bis 40 Prozent steigen. In den meisten dieser Kliniken werden aber auch Kassenpatienten behandelt.

Dem gestiegenen Kostendruck durch das neue Abrechnungssystem nach Fallpauschalen (DRG) seien die privat betriebenen Kliniken besser gewachsen. \"Auffällig ist, dass alle betrachteten Konzerne effizienter als öffentliche Träger wirtschaften\", heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung PLS Ramböll. Ein Grund dafür sind geringere Personalkosten. Die Betreiber sind nicht an das Tarifsystem nach BAT gebunden, sondern schließen eigene Haustarifverträge ab. Während die Ärzte dann - oft mit Ausnahme des Chefarztes - in vielen Fällen mehr verdienen als vorher, muss das übrige Personal mit weniger Lohn rechnen. Ob das des Weisen letzte Wahrheit ist? Gerecht ist es allemal nicht.

Auch die Patienten kommen dadurch „vom Regen in die Traufe\", sagt Christian Zimmermann, Präsident des Allgemeinen Patienten-Verbandes. Zimmermann befürchtet gar amerikanische Verhältnisse in den deutschen Krankenhäusern. „Dann wird für die Krankenhäuser bei der Behandlung eines Patienten nicht mehr die Krankheit, sondern der Geldbeutel entscheidend sein.\" Kassenpatienten ohne Krankenhaus-Zusatzversicherung werden nicht selten als Patienten 2. Klasse behandelt, das liest man schon häufig in Arztpraxen.

Nach Ansicht der Gewerkschaft ver.di ist die Privatisierung der Kliniken nicht die Lösung der Probleme. Der Verkauf eines Krankenhauses oder die Umwandlung der Rechtsform biete keinerlei Garantie für den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg, kritisiert Dirk Völpel-Haus, Bundesfachgruppenleiter Krankenhäuser in der ver.di-Bundesverwaltung. \"Durch die Privatisierung von kommunalen Krankenhäusern werden die bestehenden Probleme lediglich verkauft, aber in den wenigsten Fällen gelöst.\" Um das Überleben einer Klinik zu sichern, sollten aus seiner Sicht Arbeitsteilung, Organisation, Personalentwicklung und Qualifizierung verbessert werden. Und dieser Prozess sei auch in Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft zu leisten.