Patient*innenrechte und Datenschutz
Patient*innenrechte
Seit Ende Februar 2013 ist es in Kraft: das Patientenrechtegesetz (PatRG). Der Gesetzgeber bündelt mit diesem Schritt alle Rechte und Pflichten für Patienten und Behandler in gemeinsamen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, §§ 630 a bis h) und im Sozialgesetzbuch V (SBG V). Mit den gesetzlichen Regelungen wurde der Anspruch der Patient*innen auf Informationen rund um ihre Behandlung aber nicht neu geregelt. Vieles galt – aufgrund entsprechender Rechtsprechung – bereits in der Vergangenheit. Inzwischen sind die Patientenrechte gesetzlich verankert. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeit der Physiotherapeut*innen.
Alles Wichtige zum Patientenrechtegesetz für Physiotherapeuten
1. Der Behandlungsvertrag….
- regelt die Rechte und Pflichten des Patienten und des Therapeuten.
- wird vor Beginn der Therapie abgeschlossen, und zwar – idealerweise – bereits mit der ersten Terminvergabe.
- legt fest, dass die Therapie nach anerkanntem fachlichem Standard erfolgen wird.
- verpflichtet den Patienten, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen – sofern diese nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Das gilt auch für Ausfallhonorare bei versäumten oder zu spät abgesagten Terminen, wenn dies vereinbart ist.
- sollte immer schriftlich abgeschlossen werden. Hierzu eignen sich beispielsweise ein Beratungs-/Aufklärungsbogen und – etwa bei Privatpatienten – eine Honorarvereinbarung, die vom Patienten unterschrieben wird.
- muss auf Verlangen des Patienten auch als Kopie ausgehändigt werden.
2. Die Aufklärung/Information…
- muss zu Beginn der Behandlung in einem persönlichen Gespräch erfolgen.
- kann durch Merkblätter oder schriftliche Erläuterungen ergänzt werden.
- muss verständlich und vollständig sein.
- bezieht sich auf Art, Umfang, Durchführung, potenzielle Risiken einer Therapie sowie die Notwendigkeit und Dringlichkeit.
- muss einen Ausblick auf den Verlauf und das, was der Patient zum Therapieerfolg beitragen kann, geben.
- nennt dem Patienten anfallende Kosten für die Therapie und eventuelle Kosten durch versäumte Termine und/oder die Nichtübernahme der Kosten durch die Krankenkasse.
- mündet in die mündliche, besser noch: die schriftliche Einwilligung des Patienten. Der Patient erklärt – sollten Beratungs-/Aufklärungsbögen verwendet werden - mit seiner Unterschrift, dass er mit der Therapie einverstanden ist.
- sollte stets im Anschluss an das persönliche Gespräch mit dem Patienten in der Patientenakte dokumentiert werden.
3. In der Patientenakte und der Dokumentation...
- müssen alle einzelnen Schritte und Maßnahmen innerhalb einer Therapie nachvollziehbar beschrieben sein. Nur so sind rechtliche Konsequenzen in einem Streitfall auszuschließen. Besonders wichtig sind Anamnese, physiotherapeutische Untersuchung, Ergebnisse, Therapieziel, Aufklärungsinhalte und Therapieverlauf.
- muss klar ersichtlich sein, welcher Eintrag wann von welchem Therapeuten erfolgt sind.
- sind nachträgliche Änderungen nur zulässig, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt und sie mit Datum und Namen versehen werden. Das gilt auch bei einer elektronischen Dokumentation mithilfe einer entsprechenden Software.
- wird für zehn Jahre aufbewahrt.
4. Sonstiges
Neben diesen drei Hauptblöcken regelt das Patientenrechtegesetz aber auch den Umgang mit potenziellen Behandlungsfehlern und die Pflichten der Kostenträger.
- Es darf nur die Therapie erfolgen, die auf der ärztlichen Verordnung aufgeführt ist.
- Ist eine Behandlung nicht in der Patientenakte dokumentiert, gilt sie im Zweifelsfall als nicht durchgeführt.
- Der Behandler muss die erforderliche Qualifikation für die durchzuführende Therapie besitzen (z. B. bei der Verordnung einer Manuellen Therapie das Zertifikat Manuelle Therapie).
- Erkennt beziehungsweise vermutet der Therapeut einen Behandlungsfehler (auch des Arztes) oder eine Kontraindikation zum verordneten Heilmittel, der/die zu gesundheitlichen Gefahren für den Patienten führen kann, dann ist er verpflichtet, den Patienten darauf aufmerksam zu machen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen eigenen oder einen fremd verschuldeten Behandlungsfehler handelt.
- Der Behandler muss auf Nachfrage des Patienten Auskunft über einen möglichen Behandlungsfehler geben.
- Anträge an Kostenträger müssen von der Krankenkasse längstens innerhalb von drei Wochen bearbeitet sein. Wird der Medizinische Dienst hinzugezogen, darf es nicht länger als fünf Wochen bis zur Benachrichtigung dauern.
Sonderfall: sektoraler Heilpraktiker Physiotherapie
Wichtig: Für alle Kolleginnen und Kollegen, die eine sektorale Heilpraktikererlaubnis Physiotherapie besitzen und Patienten oder Patientinnen direkt behandeln, gilt die volle Aufklärungspflicht, so wie sie auch für Ärzte gilt. Hier umfasst die Aufklärungspflicht alle für die Therapie relevanten Fakten und darüber hinaus auch Informationen über mögliche Kontraindikationen für eine Behandlung und besonders wichtig die Verpflichtung, im Zweifelsfall auf eine ärztliche Untersuchung hinzuwirken, um beispielsweise Tumorerkrankungen auszuschließen.
FAQ-Patientenrechtegesetz
1. Wie ausführlich muss ich meine Patienten aufklären?
Die Hauptaufklärungspflicht liegt in erster Linie beim Arzt. Kommt ein Patient mit einer ärztlichen Verordnung zu dir in die Praxis, informiere ihn über alle Fakten, die für die verordnete Therapie wichtig sind. Das gilt auch für mögliche Behandlungsrisiken sowie eventuell entstehende Kosten.2. Über was genau muss ich informieren?
Erkläre deinem Patienten oder deiner Patienten, was du tust, warum, was die Therapie für ein Ziel hat und was er oder sie zum Therapieerfolg selbst beitragen kann. Beantworte alle Fragen und stelle mithilfe von Nachfragen sicher, dass er oder sie verstanden hat, was ihm/ihr gerade erklärt wurde.3. Bezieht sich die Aufklärung auch auf anfallende Kosten?
Ja, auf jeden Fall. Kläre über alle möglichen Kosten auf, die auf den Patienten/die Patientin zukommen können. Dazu zählen die gesetzliche Zuzahlung, die Ausfallgebühr bei zu spät abgesagten oder versäumten Terminen und auch Leistungen, für die keine ärztliche Verordnung notwendig ist und die daher möglicherweise nicht vom Kostenträger erstattet werden. Die Aufklärungspflicht betrifft also sowohl gesetzlich als auch privat versicherte Patienten. Lasse dir die Aufklärung über mögliche Kosten mit einer Patientenunterschrift bestätigen, z.B. auf einem Beratungs-/Aufklärungsbogen. Bei privat versicherten Patienten empfehlen wir, eine schriftliche Honorarvereinbarung abzuschließen (► siehe Leitfaden Privatpatienten).4. Bin ich vor Absetzungen der Krankenkassen geschützt, wenn ich meinen Patienten aufkläre?
Leider nein. Der Behandlungsvertrag im Sinne des Patientenrechtegesetzes regelt ausschließlich die Übernahme der Kosten im Verhältnis zwischen dem Behandler/der Behandlerin und dem Patienten/der Patientin. Absetzungen durch die Krankenkassen z. B. aufgrund fehlerhaft beziehungsweise unvollständig ausgefüllter Verordnungen bleiben davon unberührt.5. Wann muss die Aufklärung erfolgen?
Je früher, desto besser. Das Thema Kostenübernahme sollte idealerweise bereits bei der Terminvergabe besprochen und mit der Patientenunterschrift bestätigt sein. Alle weiteren Informationen erfolgen während des ersten Termins. Hier verständigt ihr euch dann auch auf das Therapieziel und dokumentiert dies in der Patientenakte zusammen mit der Anamnese und den Befundergebnissen.6. Kann ich die Informationen meinem Patienten schriftlich als Merkblatt geben?
Als Ergänzung zum persönlichen Gespräch kannst du Merkblätter einsetzen. Diese ersetzen aber nicht das persönliche Aufklärungsgespräch, sondern ergänzen es nur. Falls Merkblätter eingesetzt werden, ist dem Patienten eine Kopie des Merkblattes auszuhändigen. Dies sollte auch in der Patientenakte schriftlich vermerkt werden oder ihr lasst euch den Erhalt der Merkblätter schriftlich bestätigen.7. Gilt der Behandlungsvertrag für alle meine Patienten?
Der Behandlungsvertrag, und die damit verbundenen Rechte und Pflichten, gelten für alle Patientinnen und Patienten, ganz gleich, ob sie gesetzlich oder privat krankenversichert sind.8. Auf was muss ich bei der Dokumentation achten?
Hier einige Tipps zur Dokumentation: Dokumentiere die Anamnese, das Befundergebnis, das Therapieziel, die Maßnahmen und die Besonderheiten im Rahmen des Therapieverlaufs. Hole die schriftliche Bestätigung des Patienten/der Patientin ein, dass er den Ausführungen folgen konnte und sie verstanden hat. Führe die Dokumentation möglichst zeitnah. Das hilft, Fehler und dann erforderliche nachträgliche Änderungen zu vermeiden. Dokumentiere immer mit Datum und Namen, damit alle Einträge eindeutig nachvollziehbar sind.9. Was mache ich, wenn ich versehentlich falsch dokumentiert habe? Darf ich das nachträglich korrigieren?
Ja, aber es muss erkennbar sein, dass es sich um eine nachträgliche Änderung handelt. Optimalerweise notierst du auch den Grund und das Datum der Änderung.10. Wie lange muss ich denn die Patientenakte aufbewahren?
10 Jahre.11. Hat der Patient das Recht, in die Patientenakte zu schauen?
Ja, der Patient hat ein Recht darauf, die vollständige Patientenakte einzusehen. Die wenigen Ausnahmefälle, die es hiervon gibt, treffen in der Regel nur auf besonders sensible (z.B. psychiatrische oder psychologische) Behandlungen zu. Der Patient kann auch die Herausgabe einer Kopie verlangen. Die Kosten für die erste Kopie dürfen nicht in Rechnung gestellt werden.12. Was muss ich tun, falls ich einen Behandlungsfehler vermute?
Du bist verpflichtet, den Patienten oder die Patientin darauf aufmerksam zu machen, wenn dies zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren erforderlich ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen eigenen oder einen fremdverschuldeten Behandlungsfehler handelt. Wenn er oder sie direkt danach fragt, musst du auch Auskunft über einen möglichen Behandlungsfehler geben.13. Auf was sollte ich dabei unbedingt achten?
Wenn der Patient dich beschuldigt, einen Behandlungsfehler begangen zu haben, solltest du dies dokumentieren und dich umgehend an deine Berufshaftpflichtversicherung bzw. eine Anwältin/ einen Anwalt wenden.14. Welche Pflichten haben denn die Krankenkassen?
Anträge bei Kostenträgern müssen von der Krankenkasse längstens innerhalb von drei Wochen bearbeitet sein. Wird der Medizinische Dienst hinzugezogen, darf es nicht länger als fünf Wochen bis zur Benachrichtigung dauern. Du kannst den Patienten auf Fristüberschreitungen der Kostenträger aufmerksam machen. Wird die Frist überschritten, gilt die sogenannte "Genehmigungsfiktion" für die beantragte Leistung.Datenschutz
Aufgrund der am 25. Mai 2018 in Kraft tretenden Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) wird noch immer viel über den Datenschutz diskutiert. Datenschutz – ein Stiefkind in der Praxis oder einfach noch ein unterschätzter Bereich? Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Die Hemmschwelle, sich mit dem doch eher trockenen Thema zu beschäftigen, ist hoch. Datenschutz ist bürokratisch und durchaus auch mit Mehraufwand in der Praxis verbunden. Aus diesem Grund bieten wir Praxisinhabern möglichst praxistaugliche Informationen, für einen leichteren Umgang mit den Anforderungen des Datenschutzes und den Neuerungen durch die EU-DSGVO.
Datenschutz – Pflicht und Qualität zugleich
Wir Physiotherapeuten behandeln und betreuen Menschen. Der sensible Umgang mit patientenbezogenen Informationen ist für uns daher selbstverständlich, oder? Oftmals sind wir uns aber gar nicht bewusst, welche Daten wir am Arbeitsplatz erheben, wie wir damit umgehen und wie wir Daten, beziehungsweise Informationen, verarbeiten. Für uns Physiotherapeuten beginnt die "Datenerfassung" meist bei der ersten Kontaktaufnahme des Patienten in der Praxis, bei der beispielsweise Name, Telefonnummer, Art der Verordnung und der erste Termin erfasst werden.
Gerade weil der Umgang mit persönlichen Informationen für uns in der Praxis so selbstverständlich ist, ist es wichtig, dass wir neben unserem Grundverständnis auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Pflichten und Verordnungen rund um den Datenschutz kennen. Sie schützen uns vor Strafen und sie schützen die Privatsphäre unserer Patienten. Denn: Wir arbeiten mit besonderen Daten – mit Gesundheitsdaten!