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30.10.2019

Absetzungswelle der IKK classic: Proteste erreichen Social Media

Seit 2018 prüft die IKK classic bereits abgerechnete und damit auch vergütete Verordnungen der letzten vier Jahre erneut auf deren Fehlerhaftigkeit. Werden im Nachhinein Ausstellungsfehler festgestellt, fordert die Kasse die entsprechenden Beträge zurück. Teilweise handelt es sich dabei um Forderungen von mehreren tausend Euro pro Praxis. Betroffen hiervon sind derzeit vor allem Kollegen aus Baden-Württemberg, aber auch in Bayern und Hessen berichten einzelne Praxen über nachträgliche Absetzungen. Ein Artikel in der Badischen Zeitung hatte am vergangenen Freitag einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken ausgelöst.  

Hannah Krappmann, PHYSIO-DEUTSCHLAND Vorstand aus Baden-Württemberg, kann die Reaktion der User verstehen. „Seit fast einem Jahr arbeiten wir uns an der IKK classic mit Lösungsvorschlägen ab. Leider ist im Moment durch sachliches Argumentieren kein Einvernehmen zu erzielen“ so Krappmann. „Deshalb sind wir jetzt den Schritt gegangen, den Vertragsausschuss einzuberufen und fordern unsere Mitglieder dazu auf, mit ihren Geschichten an die Presse zu gehen.“ 
Durch die Einberufung des Vertragsausschusses kann überprüft werden, ob sich die IKK classic entsprechend der vereinbarten Rahmenbedingungen verhält. Die Einberufung und Durchführung dieses Ausschusses ist sehr zeitaufwändig. Roland Hein, Justitiar des Landesverbandes Baden-Württemberg betont jedoch: „Wird im Vertragsausschuss festgestellt, dass sich die IKK classic rechtswidrig verhält, ist die IKK dazu verpflichtet, von weiteren Absetzungen Abstand zu nehmen und bereits getätigte rückgängig zu machen. Ansonsten bleibt unseren Praxen nur die Individualklage.“ 
Juristisch betrachtet besteht das Vertragsverhältnis zwischen der jeweiligen Praxis und der Krankenkasse, eine Klärung von Forderungen muss deshalb auch zwischen den beiden Vertragsparteien geregelt werden. Die Möglichkeit einer Verbands- oder Sammelklage sieht das Sozialprozessrecht nicht vor. PHYSIO-DEUTSCHLAND prüft derzeit die Möglichkeiten einer Musterfeststellungsklage, dazu bräuchte es mindestens 50 Betroffene, bei denen genau der gleiche Tatbestand erfüllt wurde. Aktuell zeigt sich jedoch, dass die IKK classic in jedem Fall unterschiedlich vorgeht. Während einige Praxen nur angemahnt werden, wird bei anderen über die Rückstellung der Abrechnungszentren ein Teil der Vergütung zurückbehalten.
„Der Entscheid über eine Musterfeststellungsklage kann mehrere Jahre dauern“ erklärt Roland Hein. „Wir versuchen daher, zunächst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen.“ Doch wie sollten sich betroffene Praxisinhaber nun verhalten? „Auf jeden Fall uns informieren“ sagt Hannah Krappmann. „Denn jeder gemeldete Fall kann die Voraussetzungen verändern und den Weg für eine gemeinsame Klage ebnen. Derzeit beraten wir vor allem. Aber wir prüfen jeden Fall einzeln und bemühen uns, für klagewillige Praxen ohne Rechtsschutzversicherung individuelle Lösungen zu finden!“

Weitere Informationen über den Fall hat der Landesverband Baden-Württemberg auf einer eigenen News-Seite zusammengestellt, die laufend ergänzt wird. Die Verbandsmitglieder aus Baden-Württemberg werden außerdem im Wochenrückblick engmaschig per E-Mail über den aktuellen Sachstand informiert. Falls Sie Fragen zum Thema haben, oder selbst von einer Absetzung betroffen sind, wenden Sie sich direkt an Ihren Landesverband oder schreiben Sie uns unter socialmedia(at)physio-deutschland.de