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23.03.2017

Fachkräftemangel in der Physiotherapie jetzt bekämpfen

In der Fachkräfteengpassanalyse, die die Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Dezember herausgegeben hat, wird dem Beruf Physiotherapeut in Baden-Württemberg offiziell ein Fachkräftemangel bescheinigt. Somit bekommt nun der Umstand, dass immer mehr Patienten teilweise wochenlang auf ihren Behandlungsbeginn warten müssen oder Hausbesuche gar nicht mehr durchgeführt werden, endlich einen statistisch belegten Namen. Es fehlen zunehmend mehr Therapeuten, um die Versorgung der Patienten flächendeckend zu gewährleisten. Höchste Zeit etwas zu ändern.

Der Deutsche Verband für Physiotherapie sieht derzeit vor allem in der Schulgeldfreiheit. eine zentrale Stellschraube, um künftig wieder mehr junge Menschen für den Beruf des Physiotherapeuten zu begeistern. "Der Beruf des Physiotherapeuten hat in den letzten Jahren massiv an Attraktivität eingebüßt", weiß Michael N. Preibsch, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie und Vorstand im Landesverband Baden-Württemberg.

"Uns bleiben die Schüler weg und das liegt zu einem großen Teil an den hohen Schulgeldforderungen der privaten Physiotherapieschulen." Wer in Baden-Württemberg die Ausbildung zum Physiotherapeuten machen will, kann das an einer der rund 33 Schulen tun, derzeit ist jedoch nur die Ausbildung an den vier Schulen kostenfrei, die an Krankenhäuser angegliedert sind. "Es ist verständlich, dass die hohen Schulgeldforderungen viele interessierte junge Menschen abschrecken", so Preibsch.

Seine klare Forderung: "Die Politik ist aktuell aufgerufen, im Rahmen der Novellierung des Privatschulgesetzes die Weichen zu stellen, um dem auch von ihr erkannten Fachkräftemangel beizukommen. Konkret heißt dies, die Fördergelder für Physiotherapieschulen deutlich zu erhöhen und prozentual an die Förderung der öffentlichen Physiotherapieschulen anzupassen. Derzeit ist eine Förderung der privaten Physiotherapieschulen in Höhe von nicht mal 60 Prozent des Fördersatzes einer an ein Universitätskrankenhaus angeschlossen Schule die Regel, siehe Drucksache 16/1240. Hier muss eine adäquate Anpassung stattfinden. Nur so hat die Landesregierung die Möglichkeit, langfristig die qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten in Baden-Württemberg mit physiotherapeutischer Leistung zu sichern. In meinen Augen ist es ein Unding, dass die Ausbildung in den Therapieberufen kostet, während sie in den meisten anderen Berufen kostenfrei oder gar vergütet wird."

Der Deutsche Verband für Physiotherapie fordert deswegen die Regierung ausdrücklich auf, im Rahmen der Novellierung des Privatschulgesetzes auf die alarmierende Situation im Bereich der Physiotherapie zu reagieren.

"Es liegen zwei Gutachten vor, eines davon wurde von der Landesregierung sogar selbst in Auftrag gegeben, die belegen, dass die derzeitige Förderhöhe gegen das Privatschulgesetz verstößt. Hier besteht also nicht nur die Möglichkeit, sondern ganz klar auch die Notwendigkeit kurzfristig zu handeln", erklärt Preibsch.

In einem zweiten Schritt, so Preibsch, müsste man dann erreichen, dass die jungen Physios nach Ausbildungsende nicht in andere Berufe abwandern. "Die Vergütung gerade junger Kollegen als Angestellte in Praxen kratzt nicht selten scharf am Existenzminimum vorbei", weiß Preibsch. "Auch hier besteht dringend Handlungsbedarf, um diesen wichtigen Beruf wieder attraktiver zu machen!"