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17.02.2005

Patientenbeauftragte wirft Ärzten Abzockerei vor

Gesundheitsreform beschäftigt auch Wettbewerbszentrale.

Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, wirft Teilen der Ärzteschaft eine Abzockerei von Patienten vor. \"Es gibt zahlreiche Fälle, wo Leistungen privat in Rechnung gestellt werden, die entweder von den Kassen erstattet werden oder die nicht sinnvoll sind\", sagte Kühn-Mengel der \"Berliner Zeitung\". \"Viele Patienten sind über die Abzockerei von Ärzten empört. Ich kann den Patienten nur raten, bei einem Verdacht ihre Krankenkasse zu informieren“, sagte die Patientenbeauftragte dem Blatt. Auch die Politik werde reagieren: „Dem werden wir einen Riegel vorschieben.\"

Die niedergelassenen Ärzte haben unterdessen den von Kühn-Mengel geäußerten Vorwurf der \"Abzockerei\" scharf zurückgewiesen. Kühn-Mengel mache sich zur \"Regierungsbeauftragten für die Diffamierung von Ärzten\", kritisierte Maximilian Zollner, Vorsitzender des NAV-Virchow-Bunds, des Verbands der niedergelassenen Ärzte Deutschlands. \"Wenn es solche Fälle gibt, dann soll sie diese benennen.\"

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs deckte im ersten Jahr der Gesundheitsreform mehr als 590 Verstöße gegen die neuen Gesetze auf, wie die Zentrale am Dienstag in Bad Homburg mitteilte. Der weit überwiegende Teil der Fälle sei außergerichtlich beigelegt worden. 47 Gerichtsverfahren seien neu eingeleitet worden, 22 weniger als im Jahr zuvor.

Insgesamt registrierte die Wettbewerbszentrale rund 1.700 Anfragen und Beschwerden aus dem Gesundheitsbereich, rund 100 mehr als im Jahr zuvor. Insbesondere in Apotheken habe die Reform zu großem Beratungsbedarf geführt: Im Apothekenbereich stieg die Zahl der Anfragen und Beschwerden den Angaben zufolge um 45 Prozent auf 329, rund die Hälfte davon führte den Angaben zufolge zu Abmahnungen.

Die Anfragen der Apotheken betrafen den Angaben zufolge insbesondere die Aufhebung der Preisbindung für nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Für diese Produkte kann nun mit Sonderaktionen wie Rabatten geworben werden. Nicht erlaubt sind indes Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente, wie die Zentrale mitteilte. Auch der seit der Gesundheitsreform erlaubte Versand von Medikamenten habe zu Beschwerden geführt; denn nur Apotheken dürften Arzneimittel versenden, betonte die Zentrale.

Auch die Einführung der umstrittenen Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal habe zu Beschwerden geführt. In rund 40 Fällen sei die Gebühr entgegen dem Sinn des Gesetzes als Marketinginstrument eingesetzt worden; nicht nur Apotheken, sondern auch Krankenkassen, Möbelhäuser, Kfz-Werkstätten und Reisebüros hätten mit der Erstattung der Gebühr geworben. Eine endgültige gerichtliche Klärung der Zulässigkeit solcher Werbung stehe aber noch aus, teilte die Zentrale mit.